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Mommsen, Theodor, Römische Geschichte, Zweites ... - nubuk.com

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nung vorgeschlagen hatte, und daß einer ihrer Urheber selbst, Gaius Licinius Stolo,<br />

unter den ersten wegen Überschreitung des Ackermaximum Verurteilten sich befand;<br />

und nicht umhin, sich die Frage vorzulegen, ob die Gesetzgeber ganz ehrlich<br />

verfahren und nicht vielmehr der wahrhaft gemeinnützigen Lösung der leidigen<br />

Domanialfrage absichtlich aus dem Wege gegangen sind. Damit soll indes nicht in<br />

Abrede gestellt werden, daß die Bestimmungen der Licinischen Gesetze, wie sie<br />

nun waren, dem kleinen Bauern und dem Tagelöhner wesentlich nützen konnten<br />

und genützt haben. Es muß ferner anerkannt werden, daß in der nächsten Zeit nach<br />

Erlassung des Gesetzes die Behörden über die Maximalsätze desselben wenigstens<br />

vergleichungsweise mit Strenge gewacht und die großen Herdenbesitzer und die<br />

Domanialokkupanten oftmals zu schweren Bußen verurteilt haben.<br />

Auch im Steuer- und Kreditwesen wurde in dieser Epoche mit größerer Energie<br />

als zu irgendeiner Zeit vor- oder nachher darauf hingearbeitet, soweit gesetzliche<br />

Maßregeln reichten, die Schäden der Volkswirtschaft zu heilen. Die im Jahre 397<br />

(357) verordnete Abgabe von fünf vom Hundert des Wertes der freizulassenden<br />

Sklaven war, abgesehen davon, daß sie der nicht wünschenswerten Vermehrung<br />

der Freigelassenen einen Hemmschuh anlegte, die erste in der Tat auf die Reichen<br />

gelegte römische Steuer. Ebenso suchte man dem Kreditwesen aufzuhelfen. Die<br />

Wuchergesetze, die schon die Zwölf Tafeln aufgestellt hatten, wurden erneuert und<br />

allmählich geschärft, sodaß das Zinsmaximum sukzessiv von zehn (eingeschärft<br />

im Jahre 397 357) auf fünf vom Hundert (407 347) für das zwölfmonatliche Jahr<br />

ermäßigt und endlich (412 342) das Zinsnehmen ganz verboten ward. Das letztere<br />

törichte Gesetz blieb formell in Kraft; vollzogen aber ward es natürlich nicht, sondern<br />

der später übliche Zinsfuß von eins vom Hundert für den Monat oder zwölf<br />

vom Hundert für das bürgerliche Gemeinjahr, der nach den Geldverhältnissen des<br />

Altertums ungefähr damals sein mochte, was nach den heutigen der Zinsfuß von<br />

fünf oder sechs vom Hundert ist, wird wohl schon in dieser Zeit sich als das Maximum<br />

der angemessenen Zinsen festgestellt haben. Für höhere Beträge wird die<br />

Einklagung versagt und vielleicht auch die gerichtliche Rückforderung gestattet<br />

worden sein; überdies wurden notorische Wucherer nicht selten vor das Volksgericht<br />

gezogen und von den Quartieren bereitwillig zu schweren Bußen verurteilt.<br />

Wichtiger noch war die Änderung des Schuldprozesses durch das Poetelische Gesetz<br />

(428 oder 441 326 oder 313); es ward dadurch teils jedem Schuldner, der seine<br />

Zahlungsfähigkeit eidlich erhärtete, gestattet, durch Abtretung seines Vermögens<br />

seine persönliche Freiheit sich zu retten, teils das bisherige kurze Exekutivverfahren<br />

bei der Darlehensschuld abgeschafft und festgestellt, daß kein römischer Bürger<br />

anders als auf den Spruch von Geschworenen hin in die Knechtschaft abgeführt<br />

werden könne.<br />

Daß alle diese Mittel die bestehenden ökonomischen Mißverhältnisse wohl hie<br />

und da lindern, aber nicht beseitigen konnten, leuchtet ein; den fortdauernden Not-<br />

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