Mommsen, Theodor, Römische Geschichte, Zweites ... - nubuk.com
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überwiesen zu werden pflegte und die Beteiligung an den Verpachtungen und Verdingungen<br />
des Staats ihnen wie dem römischen Bürger offenstand. Völlig blieben<br />
allerdings auch hier die Konsequenzen der ihnen gewährten Selbständigkeit nicht<br />
aus. Venusinische Inschriften aus der Zeit der römischen Republik und kürzlich<br />
zum Vorschein gekommene beneventanische 11 lehren, daß Venusia so gut wie Rom<br />
seine Plebs und seine Volkstribune gehabt und daß die Oberbeamten von Benevent<br />
wenigstens um die Zeit des Hannibalischen Krieges den Konsultitel geführt haben.<br />
Beide Gemeinden gehören zu den jüngsten unter den latinischen Kolonien älteren<br />
Rechts; man sieht, welche Ansprüche um die Mitte des fünften Jahrhunderts in<br />
denselben sich regten. Auch diese sogenannten Latiner, hervorgegangen aus der römischen<br />
Bürgerschaft und in jeder Beziehung sich ihr gleich fühlend, fingen schon<br />
an, ihr untergeordnetes Bundesrecht unwillig zu empfinden und nach voller Gleichberechtigung<br />
zu streben. Deswegen war denn der Senat bemüht, diese latinischen<br />
Gemeinden, wie wichtig sie immer für Rom waren, doch nach Möglichkeit in ihren<br />
Rechten und Privilegien herabzudrücken und ihre bundesgenössische Stellung<br />
in die der Untertänigkeit insoweit umzuwandeln, als dies geschehen konnte, ohne<br />
zwischen ihnen und den nichtlatinischen Gemeinden Italiens die Scheidewand<br />
wegzuziehen. Die Aufhebung des Bundes der latinischen Gemeinden selbst sowie<br />
ihrer ehemaligen vollständigen Gleichberechtigung und der Verlust der wichtigsten<br />
denselben zuständigen politischen Rechte ist schon dargestellt worden; mit<br />
der vollendeten Unterwerfung Italiens geschah ein weiterer Schritt und wurde der<br />
Anfang dazu gemacht, auch die bisher nicht angetasteten individuellen Rechte des<br />
einzelnen latinischen Mannes, vor allem die wichtige Freizügigkeit, zu beschränken.<br />
Für die im Jahre 486 (268) gegründete Gemeinde Ariminum und ebenso für<br />
alle später konstituierten autonomen Gemeinden wurde die Bevorzugung vor den<br />
übrigen Untertanen beschränkt auf die privatrechtliche Gleichstellung ihrer und<br />
der römischen Gemeindebürger im Handel und Wandel sowie im Erbrecht 12 . Ver-<br />
11 V Cervio A. f. cosol dedicavit und lunonei Quiritei sacra. C. Falcilius L. f. consol dedicavit.<br />
12 Nach Ciceros Zeugnis (Caecin. 35) gab Sulla den Volaterranern das ehemalige Recht von Ariminum,<br />
das heißt, setzt der Redner hinzu, das Recht der “zwölf Kolonien”, welche nicht die römische<br />
Civität, aber volles Commercium mit den Römern hatten. Über wenige Dinge ist soviel verhandelt<br />
worden wie über die Beziehung dieses Zwölfstädterechts; und doch liegt dieselbe nicht fern. Es sind<br />
in Italien und im Cisalpinischen Gallien, abgesehen von einigen früh wieder verschwundenen, im<br />
ganzen vierunddreißig latinische Kolonien gegründet worden; die zwölf jüngsten derselben – Ariminum,<br />
Beneventum, Firmum, Aesernia, Brundisium, Spoletium, Cremona, Placentia, Copia, Valentia,<br />
Bononia, Aquileia – sind hier gemeint, und da Ariminum von ihnen die älteste und diejenige ist, für<br />
welche diese neue Ordnung zunächst festgesetzt ward – vielleicht zum Teil deswegen mit, weil dies<br />
die erste außerhalb Italien gegründete römische Kolonie war –, so heißt das Stadtrecht dieser Kolonien<br />
richtig das ariminensische. Damit ist zugleich erwiesen, was schon aus anderen Gründen die<br />
höchste Wahrscheinlichkeit für sich hatte, daß alle nach Aquileias Gründung in Italien (im weiteren<br />
Sinn) gestifteten Kolonien zu den Bürgerkolonien gehörten.<br />
Den Umfang der Rechtsschmälerung der jüngeren latinischen Städte im Gegensatz zu den älteren