Mommsen, Theodor, Römische Geschichte, Zweites ... - nubuk.com
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174 KAPITEL 8. RECHT, RELIGION, KRIEGSWESEN, . . .<br />
Stoßlanze auf das dritte Treffen beschränkt und den beiden ersten anstatt derselben<br />
eine neue und eigentümlich italische Wurfwaffe gegeben, das Pilum, ein fünftehalb<br />
Ellen langes viereckiges oder rundes Holz mit drei- oder vierkantiger eiserner<br />
Spitze, das vielleicht ursprünglich zur Verteidigung der Lagerwälle erfunden<br />
worden war, aber bald von dem letzten auf die ersten Glieder überging und von<br />
dem vorrückenden Gliede auf eine Entfernung von zehn bis zwanzig Schritten in<br />
die feindlichen Reihen geworfen ward. Zugleich gewann das Schwert eine bei weitem<br />
größere Bedeutung als das kurze Messer der Phalangiten hatte haben können;<br />
denn die Wurfspeersalve war zunächst nur bestimmt, dem Angriff mit dem Schwert<br />
die Bahn zu brechen. Wenn ferner die Phalanx, gleichsam eine einzige gewaltige<br />
Lanze, auf einmal auf den Feind geworfen werden mußte, so wurden in der neuen<br />
italischen Legion die kleineren, im Phalangensystem wohl auch vorhandenen,<br />
aber in der Schlachtordnung unauflöslich fest verknüpften Einheiten taktisch voneinander<br />
gesondert. Das geschlossene Quadrat teilte sich nicht bloß, wie gesagt,<br />
in zwei gleich starke Hälften, sondern jede von diesen trat weiter in der Tiefrichtung<br />
auseinander in drei Treffen, das der Hastaten, das der Principes und das der<br />
Triarier, von ermäßigter, wahrscheinlich in der Regel nur vier Glieder betragender<br />
Tiefe und löste in der Frontrichtung sich auf in je zehn Haufen (manipuli), so daß<br />
zwischen je zwei Treffen und je zwei Haufen ein merklicher Zwischenraum blieb.<br />
Es war nur eine Fortsetzung derselben Individualisierung, wenn der Gesamtkampf<br />
auch der verkleinerten taktischen Einheit zurück- und der Einzelkampf in den Vordergrund<br />
trat, wie dies aus der schon erwähnten entscheidenden Rolle des Handgemenges<br />
und Schwertgefechtes deutlich hervorgeht. Eigentümlich entwickelte sich<br />
auch das System der Lagerverschanzung; der Platz, wo der Heerhaufe wenn auch<br />
nur für eine einzige Nacht sein Lager nahm, ward ohne Ausnahme mit einer regelmäßigen<br />
Umwallung versehen und gleichsam in eine Festung umgeschaffen.<br />
Wenig änderte sich dagegen in der Reiterei, die auch in der Manipularlegion die<br />
sekundäre Rolle behielt, welche sie neben der Phalanx eingenommen hatte. Auch<br />
das Offiziersystem blieb in der Hauptsache ungeändert; nur wurden jetzt jeder der<br />
zwei Legionen des regelmäßigen Heeres ebenso viele Kriegstribune vorgesetzt,<br />
wie sie bisher das gesamte Heer befehligt hatten, also die Zahl der Stabsoffiziere<br />
verdoppelt. Es dürfte auch in dieser Zeit sich die scharfe Grenze festgestellt haben<br />
zwischen den Subalternoffizieren, welche sich ihren Platz an der Spitze der<br />
Manipel als Gemeine mit dem Schwerte zu gewinnen hatten und in regelmäßigem<br />
Avancement von den niederen in die höheren Manipel übergingen, und den je<br />
sechs und sechs den ganzen Legionen vorgesetzten Kriegstribunen, für welche es<br />
kein regelmäßiges Avancement gab und zu denen man gewöhnlich Männer aus der<br />
besseren Klasse nahm. Namentlich muß es dafür von Bedeutung geworden sein,<br />
daß, während früher die Subaltern- wie die Stabsoffiziere gleichmäßig vom Feldherrn<br />
ernannt wurden, seit dem Jahre 392 (362) ein Teil der letzteren Posten durch