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Mommsen, Theodor, Römische Geschichte, Zweites ... - nubuk.com

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60 KAPITEL 3. DIE AUSGLEICHUNG DER STÄNDE<br />

gegen das Ende dieser Periode die uralte Bedingung des Stimmrechts, die Ansässigkeit,<br />

zum erstenmal in Frage gestellt zu werden anfing. Appius Claudius, der<br />

kühnste Neuerer, den die römische <strong>Geschichte</strong> kennt, legte in seiner Zensur 442<br />

(312), ohne den Senat oder das Volk zu fragen, die Bürgerliste so an, daß der nicht<br />

grundsässige Mann in die ihm beliebige Tribus und alsdann nach seinem Vermögen<br />

in die entsprechende Zenturie aufgenommen ward. Allein diese Änderung griff zu<br />

sehr dem Geiste der Zeit vor, um vollständig Bestand zu haben. Einer der nächsten<br />

Nachfolger des Appius, der berühmte Besieger der Samniten, Quintus Fabius<br />

Rullianus, übernahm es in seiner Zensur 450 (304) sie zwar nicht ganz zu beseitigen,<br />

aber doch in solche Grenzen einzuschließen, daß den Grundsässigen und<br />

Vermögenden effektiv die Herrschaft in den Bürgerversammlungen blieb. Es wies<br />

die nicht grundsässigen Leute sämtlich in die vier städtischen Tribus, die jetzt aus<br />

den ersten im Range die letzten wurden. Die Landquartiere dagegen, deren Zahl<br />

zwischen den Jahren 367 (241) und 513 (387) allmählich von siebzehn bis auf einunddreißig<br />

stieg, also die von Haus aus bei weitem überwiegende und immer mehr<br />

das Übergewicht erhaltende Majorität der Stimmabteilungen, wurden den sämtlichen<br />

ansässigen Bürgern gesetzlich vorbehalten. In den Zenturien blieb es bei der<br />

Gleichstellung der ansässigen und nichtansässigen Bürger, wie Appius sie eingeführt<br />

hatte. Auf diese Weise ward dafür gesorgt, daß in den Tributkomitien die<br />

Ansässigen überwogen, während für die Zenturiatkomitien an sich schon die Vermögenden<br />

den Ausschlag gaben. Durch diese weise und gemäßigte Festsetzung<br />

eines Mannes, der seiner Kriegstaten wegen wie mehr noch wegen dieser seiner<br />

Friedenstat mit Recht den Beinamen des Großen (Maximus) erhielt, ward einerseits<br />

die Wehrpflicht wie billig auch auf die nicht ansässigen Bürger erstreckt, anderseits<br />

dafür Sorge getragen, daß in der Distriktversammlung ihrem Einfluß, insbesondere<br />

dem der meistenteils des Grundbesitzes entbehrenden gewesenen Sklaven, derjenige<br />

Riegel vorgeschoben ward, welcher in einem Staat, der Sklaverei zuläßt, ein<br />

leider unerläßliches Bedürfnis ist. Ein eigentümliches Sittengericht, das allmählich<br />

an die Schatzung und die Aufnahme der Bürgerliste sich anknüpfte, schloß überdies<br />

aus der Bürgerschaft alle notorisch unwürdigen Individuen aus und wahrte<br />

dem Bürgertum die sittliche und politische Reinheit.<br />

Die Kompetenz der Komitien zeigt die Tendenz, sich mehr und mehr, aber sehr<br />

allmählich zu erweitern. Schon die Vermehrung der vom Volk zu wählenden Magistrate<br />

gehört gewissermaßen hierher; bezeichnend ist es besonders, daß seit 392<br />

(362) die Kriegstribune einer Legion, seit 443 (311) je vier in jeder der vier ersten<br />

Legionen, nicht mehr vom Feldherrn, sondern von der Bürgerschaft ernannt<br />

wurden. In die Administration griff während dieser Periode die Bürgerschaft im<br />

ganzen nicht ein; nur das Recht der Kriegserklärung wurde von ihr, wie billig,<br />

mit Nachdruck festgehalten und namentlich auch für den Fall festgestellt, wo ein<br />

an Friedens Statt abgeschlossener längerer Waffenstillstand ablief und zwar nicht

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