Mommsen, Theodor, Römische Geschichte, Zweites ... - nubuk.com
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154 KAPITEL 7. KÖNIG PYRRHOS GEGEN ROM<br />
gewährte Befreiung vom Zuzug zum Landheer vollendete das um die Küsten Italiens<br />
gezogene römische Netz.<br />
Aber mit einer staatsmännischen Sicherheit, von welcher die folgenden Generationen<br />
hätten lernen können, erkannten es die leitenden Männer des römischen<br />
Gemeinwesens, daß alle diese Küstenbefestigungen und Küstenbewachungen unzulänglich<br />
bleiben mußten, wenn nicht die Kriegsmarine des Staats wieder auf<br />
einen achtunggebietenden Fuß gebracht ward. Einen gewissen Grund dazu legte<br />
schon nach der Unterwerfung von Antium (416 338) die Abführung der brauchbaren<br />
Kriegsgaleeren in die römischen Docks; die gleichzeitige Verfügung indes,<br />
daß die Antiaten sich alles Seeverkehrs zu enthalten hätten 7 , charakterisiert mit<br />
schneidender Deutlichkeit, wie ohnmächtig damals die Römer noch zur See sich<br />
fühlten und wie völlig ihre Seepolitik noch aufging in der Okkupierung der Küstenplätze.<br />
Als sodann die süditalischen Griechenstädte, zuerst 428 (326) Neapel,<br />
in die römische Klientel eintraten, machten die Kriegsschiffe, welche jede dieser<br />
Städte sich verpflichtete, den Römern als bundesmäßige Kriegshilfe zu stellen, zu<br />
einer römischen Flotte wenigstens wieder einen Anfang. Im Jahre 443 (311) wurden<br />
weiter infolge eines eigens deswegen gefaßten Bürgerschaftsschlusses zwei<br />
Flottenherren (duoviri navales) ernannt, und diese römische Seemacht wirkte im<br />
Samnitischen Kriege mit bei der Belagerung von Nuceria. Vielleicht gehört selbst<br />
die merkwürdige Sendung einer römischen Flotte von 25 Segeln zur Gründung<br />
einer Kolonie auf Korsika, welcher Theophrastos in seiner um 446 (308) geschriebenen<br />
Pflanzengeschichte gedenkt, dieser Zeit an. Wie wenig aber mit allem dem<br />
unmittelbar erreicht war, zeigt der im Jahre 448 (306) erneuerte Vertrag mit Karthago.<br />
Während die Italien und Sizilien betreffenden Bestimmungen des Vertrages<br />
von 406 (348) unverändert blieben, wurde den Römern außer der Befahrung der<br />
östlichen Gewässer jetzt weiter die früher gestattete des Atlantischen Meers, sowie<br />
der Handelsverkehr mit den Untertanen Karthagos in Sardinien und Afrika, endlich<br />
wahrscheinlich auch die Festsetzung auf Korsika 8 untersagt, sodaß nur das kartha-<br />
7Diese Angabe ist ebenso bestimmt (Liv. 8,14: interdictum mari Antiati populo est) wie an sich<br />
glaubwürdig; denn Antium war ja nicht bloß von Kolonisten, sondern auch noch von der ehemaligen,<br />
in der Feindschaft gegen Rom aufgenährten Bürgerschaft bewohnt. Damit im Widerspruch stehen<br />
freilich die griechischen Berichte, daß Alexander der Große ( E˛ 431 323) und Demetrios der Belagerer<br />
( E˛ 471 283) in Rom über antiatische Seeräuber Beschwerde geführt haben sollen. Der erste aber ist<br />
mit dem über die römische Gesandtschaft nach Babylon gleichen Schlages und vielleicht gleicher<br />
Quelle. Demetrios dem Belagerer sieht es eher ähnlich, daß er die Piraterie im Tyrrhenischen Meer,<br />
das er nie mit Augen gesehen hat, durch Verordnung abschaffte, und undenkbar ist es gerade nicht,<br />
daß die Antiaten auch als römische Bürger ihr altes Gewerbe noch trotz des Verbots unter der Hand<br />
eine Zeitlang fortgesetzt haben; viel wird indes auch auf die zweite Erzählung nicht zu geben sein.<br />
8Nach Servius (Aen. 4, 628) war in den römisch-karthagischen Verträgen bestimmt, es solle kein<br />
Römer karthagischen, kein Karthager römischen Boden betreten (vielmehr besetzen), Korsika aber<br />
zwischen beiden neutral bleiben (ut neque Romani ad litora Carthaginiensium accederent neque