Mommsen, Theodor, Römische Geschichte, Zweites ... - nubuk.com
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206 KAPITEL 9. KUNST UND WISSENSCHAFT<br />
von lebendiger und eigentümlicher Behandlung. In Unteritalien ist Lucanien zwar<br />
in geringem Grade von der hellenischen Kunst ergriffen worden; aber in Kampanien<br />
wie im brettischen Lande haben sich Sabeller und Hellenen wie in Sprache<br />
und Nationalität so auch und vor allem in der Kunst vollständig durchdrungen und<br />
es stehen namentlich die kampanischen und brettischen Münzen mit den gleichzeitigen<br />
griechischen so vollständig auf einer Linie der Kunstbehandlung, daß nur<br />
die Aufschrift sie von ihnen unterscheidet. Weniger bekannt, aber nicht weniger<br />
sicher ist es, daß auch Latium wohl an Kunstreichtum und Kunstmasse, aber nicht<br />
an Kunstsinn und Kunstübung hinter Etrurien zurückstand. Offenbar hat die um<br />
den Anfang des 5. Jahrhunderts erfolgte Festsetzung der Römer in Kampanien,<br />
die Verwandlung der Stadt Cales in eine latinische Gemeinde, der falernischen<br />
Landschaft bei Capua in einen römischen Bürgerbezirk, zunächst die kampanische<br />
Kunstübung den Römern aufgeschlossen. Zwar mangelt bei diesen nicht bloß die<br />
in dem üppigen Etrurien fleißig gepflegte Steinschneidekunst völlig und begegnet<br />
nirgends eine Spur, daß die latinischen Gewerke gleich den etruskischen Goldschmieden<br />
und Tonarbeitern für das Ausland tätig gewesen sind. Zwar sind die<br />
latinischen Tempel nicht gleich den etruskischen mit Bronze- und Tonzierat überladen,<br />
die latinischen Gräber nicht gleich den etruskischen mit Goldschmuck angefüllt<br />
worden und schillerten die Wände jener nicht wie die der etruskischen von<br />
bunten Gemälden. Aber nichtsdestoweniger stellt sich im ganzen die Waage nicht<br />
zum Vorteil der etruskischen Nation. Die Erfindung des Janusbildes, welche wie<br />
die Gottheit selbst den Latinern beigelegt werden darf, ist nicht ungeschickt, und<br />
originellerer Art als die irgendeines etruskischen Kunstwerks. Die schöne Gruppe<br />
der Wölfin mit den Zwillingen lehnt wohl an ähnliche griechische Erfindungen<br />
sich an, ist aber in dieser Ausführung sicher wenn nicht in Rom, so doch von Römern<br />
erfunden; und es ist bemerkenswert, daß sie zuerst auf den von den Römern<br />
in und für Kampanien geprägten Silbermünzen auftritt. In dem oben erwähnten<br />
Cales scheint bald nach seiner Gründung eine besondere Gattung figurierten Tongeschirrs<br />
erfunden worden zu sein, das mit dem Namen der Meister und des Verfertigungsorts<br />
bezeichnet und in weitem Umfang bis nach Etrurien hinein vertrieben<br />
worden ist. Die vor kurzem auf dem Esquilin zum Vorschein gekommenen figurierten<br />
Altärchen von gebranntem Ton entsprechen in der Darstellung wie in der<br />
Ornamentik genau den gleichartigen Weihgeschenken der kampanischen Tempel.<br />
Indes schließt dies nicht aus, daß auch griechische Meister für Rom gearbeitet haben.<br />
Der Bildner Damophilos, der mit Gorgasos die bemalten Tonfiguren für den<br />
uralten Cerestempel verfertigt hat, scheint kein anderer gewesen zu sein als der<br />
Lehrer des Zeuxis, Demophilos von Himera (um 300 450). Am belehrendsten sind<br />
diejenigen Kunstzweige, in denen uns teils nach alten Zeugnissen, teils nach eigener<br />
Anschauung eine vergleichendes Urteil gestattet ist. Von latinischen Arbeiten<br />
in Stein ist kaum etwas anderes übrig als der am Ende dieser Periode in dorischem