Mommsen, Theodor, Römische Geschichte, Zweites ... - nubuk.com
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158 KAPITEL 7. KÖNIG PYRRHOS GEGEN ROM<br />
Unter den untertänigen Gemeinden stehen die Passivbürger (cives sine suffragio),<br />
abgesehen von dem aktiven und passiven Wahlrecht, in Rechten und Pflichten<br />
den Vollbürgern gleich. Ihre Rechtsstellung ward durch die Beschlüsse der römischen<br />
Komitien und die für sie vom römischen Prätor erlassenen Normen geregelt,<br />
wobei indes ohne Zweifel die bisherigen Ordnungen wesentlich zugrunde gelegt<br />
wurden. Recht sprach für sie der römische Prätor oder dessen jährlich in die einzelnen<br />
Gemeinden entsandte “Stellvertreter” (praefecti). Den besser gestellten von<br />
ihnen, wie zum Beispiel der Stadt Capua, blieb die Selbstverwaltung und damit der<br />
Fortgebrauch der Landessprache und die eigenen Beamten, welche die Aushebung<br />
und die Schatzung besorgten. Den Gemeinden schlechteren Rechts, wie zum Beispiel<br />
Caere, wurde auch die eigene Verwaltung genommen, und es war dies ohne<br />
Zweifel die drückendste unter den verschiedenen Formen der Untertänigkeit. Indes<br />
zeigt sich, wie oben bemerkt ward, am Ende dieser Periode bereits das Bestreben,<br />
diese Gemeinden, wenigstens soweit sie faktisch latinisiert waren, der Vollbürgerschaft<br />
einzuverleiben.<br />
Die bevorzugteste und wichtigste Klasse unter den untertänigen Gemeinden<br />
war die der latinischen Städte, welche an den von Rom inner- und selbst schon außerhalb<br />
Italien gegründeten autonomen Gemeinden, den sogenannten latinischen<br />
Kolonien ebenso zahlreichen als ansehnlichen Zuwachs erhielt und stetig durch<br />
neue Gründungen dieser Art sich vermehrte. Diese neuen Stadtgemeinden römischen<br />
Ursprungs, aber latinischen Rechts wurden immer mehr die eigentlichen<br />
Stützen der römischen Herrschaft über Italien. Es waren dies nicht mehr diejenigen<br />
Latiner, mit denen am Regiller See und bei Trifanum gestritten worden war<br />
– nicht jene alten Glieder des albischen Bundes, welche der Gemeinde Rom von<br />
Haus aus sich gleich, wo nicht besser achteten und welche, wie die gegen Praeneste<br />
zu Anfang des Pyrrhischen Krieges verfügten furchtbar strengen Sicherheitsmaßregeln<br />
und die nachweislich lange noch fortzuckenden Reibungen namentlich mit<br />
den Praenestinern beweisen, die römische Herrschaft als schweres Joch empfanden.<br />
Dies alte Latium war wesentlich entweder unter oder in Rom aufgegangen<br />
und zählte nur noch wenige und mit Ausnahme von Praeneste und Tibur durchgängig<br />
unbedeutende politisch selbständige Gemeinden. Das Latium der späteren<br />
republikanischen Zeit bestand vielmehr fast ausschließlich aus Gemeinden,<br />
die von Anbeginn an in Rom ihre Haupt- und Mutterstadt verehrt hatten, die inmitten<br />
fremdsprachiger und anders gearteter Landschaften durch Sprach-, Rechtsund<br />
Sittengemeinschaft an Rom geknüpft waren, die als kleine Tyrannen der umliegenden<br />
Distrikte ihrer eigenen Existenz wegen wohl an Rom halten mußten wie<br />
die Vorposten an der Hauptarmee, die endlich, infolge der steigenden materiellen<br />
Vorteile des römischen Bürgertums, aus ihrer wenngleich beschränkten Rechtsgleichheit<br />
mit den Römern immer noch einen sehr ansehnlichen Gewinn zogen,<br />
wie ihnen denn zum Beispiel ein Teil der römischen Domäne zur Sondernutzung