Mommsen, Theodor, Römische Geschichte, Zweites ... - nubuk.com
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136 KAPITEL 7. KÖNIG PYRRHOS GEGEN ROM<br />
damit den Frieden herbeiführen werde. Die Ursache dieser Zurückhaltung war,<br />
daß die Römer die Stadt nicht dem Epeirotenkönig in die Arme treiben wollten.<br />
Die Absichten desselben auf Italien waren kein Geheimnis mehr. Schon war eine<br />
tarentinische Gesandtschaft zu Pyrrhos gegangen und unverrichteter Sache zurückgekehrt;<br />
der König hatte mehr begehrt, als sie zu bewilligen Vollmacht hatte. Man<br />
mußte sich entscheiden. Daß die Bürgerwehr vor den Römern nur wegzulaufen<br />
verstand, davon hatte man sich sattsam überzeugt; es blieb nur die Wahl zwischen<br />
Frieden mit Rom, den die Römer unter billigen Bedingungen zu bewilligen fortwährend<br />
bereit waren, und Vertrag mit Pyrrhos auf jede dem König gutdünkende<br />
Bedingung, das heißt die Wahl zwischen Unterwerfung unter die römische Obermacht<br />
oder unter die Tyrannis eines griechischen Soldaten. Die Parteien hielten<br />
in der Stadt sich fast die Waage; endlich blieb die Oberhand der Nationalpartei,<br />
wobei außer dem wohl gerechtfertigten Motiv, sich, wenn einmal überhaupt einem<br />
Herrn, lieber einem Griechen als Barbaren zu eigen zu geben, auch noch die<br />
Furcht der Demagogen mitwirkte, daß Rom trotz seiner jetzigen, durch die Umstände<br />
erzwungenen Mäßigung bei geeigneter Gelegenheit nicht säumen werde,<br />
Rache für die von dem Tarentiner Pöbel verübten Schändlichkeiten zu nehmen.<br />
Die Stadt schloß also mit Pyrrhos ab. Er erhielt den Oberbefehl über die Truppen<br />
der Tarentiner und der übrigen gegen Rom unter Waffen stehenden Italioten; ferner<br />
das Recht, in Tarent Besatzung zu halten. Daß die Stadt die Kriegskosten trug, versteht<br />
sich von selbst. Pyrrhos versprach dagegen, in Italien nicht länger als nötig<br />
zu bleiben, vermutlich unter dem stillschweigenden Vorbehalt, die Zeit, während<br />
welcher er dort nötig sein werde, nach eigenem Ermessen festzustellen. Dennoch<br />
wäre ihm die Beute fast unter den Händen entschlüpft. Während die tarentinischen<br />
Gesandten – ohne Zweifel die Häupter der Kriegspartei – in Epeiros abwesend waren,<br />
schlug in der von den Römern jetzt hart gedrängten Stadt die Stimmung um;<br />
schon war der Oberbefehl dem Agis, einem römisch Gesinnten übertragen, als die<br />
Rückkehr der Gesandten mit dem abgeschlossenen Traktat in Begleitung von Pyrrhos’<br />
vertrautem Minister Kineas die Kriegspartei wieder ans Ruder brachte. Bald<br />
faßte eine festere Hand die Zügel und machte dem kläglichen Schwanken ein Ende.<br />
Noch im Herbst 473 (281) landete Pyrrhos’ General Milon mit 3000 Epeiroten<br />
und besetzte die Zitadelle der Stadt; ihm folgte zu Anfang des Jahres 474 (280)<br />
nach einer stürmischen, zahlreiche Opfer fordernden Überfahrt der König selbst.<br />
Er führte nach Tarent ein ansehnliches, aber buntgemischtes Heer, teils bestehend<br />
aus den Haustruppen, den Molossern, Thesprotiern, Chaonern, Ambrakioten, teils<br />
aus dem makedonischen Fußvolk und der thessalischen Reiterei, die König Ptolemaeos<br />
von Makedonien vertragsmäßig ihm überlassen, teils aus ätolischen, akarnanischen,<br />
athamanischen Söldnern; im ganzen zählte man 20000 Phalangiten, 2000<br />
Bogenschützen, 500 Schleuderer, 3000 Reiter und 20 Elefanten, also nicht viel<br />
weniger, als dasjenige Heer betragen hatte, mit dem Alexander fünfzig Jahre zuvor