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Mommsen, Theodor, Römische Geschichte, Zweites ... - nubuk.com

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168 KAPITEL 8. RECHT, RELIGION, KRIEGSWESEN, . . .<br />

maßen das älteste römische Luxusgesetz; ferner die aus den ständischen Kämpfen<br />

hervorgegangenen Gesetze gegen den Geldwucher sowohl wie gegen Obernutzung<br />

der Gemeinweide und unverhältnismäßige Aneignung von okkupablem Domanialland.<br />

Weit bedenklicher aber als diese und ähnliche Bruchgesetze, welche doch<br />

wenigstens die Kontravention und oft auch das Strafmaß ein für allemal formulierten,<br />

war die allgemeine Befugnis eines jeden mit Jurisdiktion versehenen Beamten<br />

wegen Ordnungswidrigkeit eine Buße zu erkennen und, wenn diese das Provokationsmaß<br />

erreichte und der Gebüßte sich nicht in die Strafe fügte, die Sache<br />

an die Gemeinde zu bringen. Schon im Laufe des fünften Jahrhunderts ist in diesem<br />

Wege wegen sittenlosen Lebenswandels sowohl von Männern wie von Frauen,<br />

wegen Kornwucher, Zauberei und ähnlicher Dinge gleichsam kriminell verfahren<br />

worden. In innerlicher Verwandtschaft hiermit steht die gleichfalls in dieser Zeit<br />

aufkommende Quasijurisdiktion der Zensoren, welche ihre Befugnis, das römische<br />

Budget und die Bürgerlisten festzustellen, benutzten, teils um von sich aus<br />

Luxussteuern aufzulegen, welche von den Luxusstrafen nur der Form nach sich<br />

unterschieden, teils besonders um auf die Anzeige anstößiger Handlungen hin dem<br />

tadelhaften Bürger die politischen Ehrenrechte zu schmälern oder zu entziehen.<br />

Wie weit schon jetzt diese Bevormundung ging, zeigt, daß solche Strafen wegen<br />

nachlässiger Bestellung des eigenen Ackers verhängt wurden, ja daß ein Mann wie<br />

Publius Cornelius Rufmus (Konsul 464, 477 290, 277) von den Zensoren des Jahres<br />

479 (275) aus dem Ratsherrenverzeichnis gestrichen ward, weil er silbernes Tafelgerät<br />

zum Werte von 3360 Sesterzen (240 Taler) besaß. Allerdings hatten nach der<br />

allgemein für Beamtenverordnungen gültigen Regel die Verfügungen der Zensoren<br />

nur für die Dauer ihrer Zensur, das heißt durchgängig für die nächsten fünf<br />

Jahre rechtliche Kraft, und konnten von den nächsten Zensoren nach Gefallen erneuert<br />

oder nicht erneuert werden; aber nichtsdestoweniger war diese zensorische<br />

Befugnis von einer so ungeheuren Bedeutung, daß infolge dessen die Zensur aus<br />

einem Unteramt an Rang und Ansehen von allen römischen Gemeindeämtern das<br />

erste ward. Das Senatsregiment ruhte wesentlich auf dieser doppelten, mit ebenso<br />

ausgedehnter wie arbiträrer Machtvollkommenheit versehenen Ober- und Unterpolizei<br />

der Gemeinde und der Gemeindebeamten. Dieselbe hat wie jedes ähnliche<br />

Willkürregiment viel genützt und viel geschadet, und es soll dem nicht widersprochen<br />

werden, der den Schaden für überwiegend hält; nur darf es nicht vergessen<br />

werden, daß bei der allerdings äußerlichen, aber straffen und energischen Sittlichkeit<br />

und dem gewaltig angefachten Bürgersinn, welche diese Zeit recht eigentlich<br />

bezeichnen, der eigentlich gemeine Mißbrauch doch von diesen Institutionen fern<br />

blieb und, wenn die individuelle Freiheit hauptsächlich durch sie niedergehalten<br />

worden ist, auch die gewaltige und oft gewaltsame Aufrechthaltung des Gemeinsinns<br />

und der guten alten Ordnung und Sitte in der römischen Gemeinde eben auf<br />

diesen Institutionen beruhen.

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