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Mommsen, Theodor, Römische Geschichte, Zweites ... - nubuk.com

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196 KAPITEL 9. KUNST UND WISSENSCHAFT<br />

der Gemeinde zurückgeführt zu werden verlangt; und es ist auch ausdrücklich bezeugt,<br />

daß die Tafel der Pontifices das Gründungsjahr Roms angab. Danach darf<br />

angenommen werden, daß das Pontifikalkollegium, als es in der ersten Hälfte des<br />

fünften Jahrhunderts anstatt der bisherigen spärlichen und in der Regel wohl auf<br />

die Beamtennamen sich beschränkenden Aufzeichnungen zu der Anlegung einer<br />

förmlichen Jahreschronik fortschritt, auch die zu Anfang fehlende <strong>Geschichte</strong> der<br />

Könige Roms und ihres Sturzes hinzufügte und, indem es auf den Einweihungstag<br />

des kapitolinischen Tempels, den 13. September 245 (509), zugleich die Stiftung<br />

der Republik setzte, einen freilich nur scheinhaften Zusammenhang zwischen der<br />

zeitlosen und der annalistischen Erzählung herstellte. Daß bei dieser ältesten Aufzeichnung<br />

der Ursprünge Roms auch der Hellenismus seine Hand im Spiele gehabt<br />

hat, ist kaum zu bezweifeln; die Spekulation über Ur- und spätere Bevölkerung,<br />

über die Priorität des Hirtenlebens vor dem Ackerbau und die Umwandlung des<br />

Menschen Romulus in den Gott Quirinus sehen ganz griechisch aus, und selbst die<br />

Trübung der echt nationalen Gestalten des frommen Numa und der weisen Egeria<br />

durch die Einmischung fremdländischer pythagoreischer Urweisheit scheint keineswegs<br />

zu den jüngsten Bestandteilen der römischen Vorgeschichte zu gehören.<br />

Analog diesen Anfängen der Gemeinde sind auch die Stammbäume der edlen<br />

Geschlechter in ähnlicher Weise vervollständigt und in beliebter heraldischer<br />

Manier durchgängig auf erlauchte Ahnen zurückgeführt worden; wie denn zum<br />

Beispiel die Aemilier, Calpurnier, Pinarier und Pomponier von den vier Söhnen<br />

des Numa: Mamercus, Calpus, Pinus und Pompo, die Aemilier überdies noch von<br />

dem Sohne des Pythagoras Mamercus, der “Wohlredende” (���´����) genannt, abstammen<br />

wollten.<br />

Dennoch darf trotz der überall hervortretenden hellenischen Reminiszenzen<br />

diese Vorgeschichte der Gemeinde wie der Geschlechter wenigstens relativ eine<br />

nationale genannt werden, insofern sie teils in Rom entstanden, teils ihre Tendenz<br />

zunächst nicht darauf gerichtet ist, eine Brücke zwischen Rom und Griechenland,<br />

sondern eine Brücke zwischen Rom und Latium zu schlagen.<br />

Es war die hellenische Erzählung und Dichtung, welche jener anderen Aufgabe<br />

sich unterzog. Die hellenische Sage zeigt durchgängig das Bestreben, mit der allmählich<br />

sich erweiternden geographischen Kunde Schritt zu halten und mit Hilfe<br />

ihrer zahllosen Wander- und Schiffergeschichten eine dramatisierte Erdbeschreibung<br />

zu gestalten. Indes verfährt sie dabei selten naiv. Ein Bericht wie der des ältesten<br />

Rom erwähnenden griechischen Geschichtswerkes, der sizilischen <strong>Geschichte</strong><br />

des Antiochos von Syrakus (geschlossen 330 424): daß ein Mann namens Sikelos<br />

aus Rom nach Italia, das heißt nach der brettischen Halbinsel gewandert sei – ein<br />

solcher, einfach die Stammverwandtschaft der Römer, Siculer und Brettier historisierender<br />

und von aller hellenisierenden Färbung freier Bericht ist eine seltene<br />

Erscheinung. Im ganzen ist die Sage, und je später desto mehr, beherrscht von

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