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Mommsen, Theodor, Römische Geschichte, Zweites ... - nubuk.com

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deren Rückkehr wurden für das Jahr 303 (451) die Zehnmänner gewählt. Obwohl<br />

es freistand, auch Plebejer zu ernennen, so traf doch die Wahl auf lauter Patrizier –<br />

so mächtig war damals noch der Adel –, und erst als eine abermalige Wahl für 304<br />

(450) nötig ward, wurden auch einige Plebejer gewählt – die ersten nichtadligen<br />

Beamten, die die römische Gemeinde gehabt hat.<br />

Erwägt man diese Maßregeln in ihrem Zusammenhang, so kann kaum ein anderer<br />

Zweck ihnen untergelegt werden, als die Beschränkung der konsularischen<br />

Gewalt durch das geschriebene Gesetz an die Stelle der tribunizischen Hilfe zu<br />

setzen. Von beiden Seiten mußte man sich überzeugt haben, daß es nicht so bleiben<br />

konnte, wie es war, und die Permanenzerklärung der Anarchie wohl die Gemeinde<br />

zugrunde richtete, aber in der Tat und Wahrheit dabei für niemand etwas<br />

herauskam. Ernsthafte Leute mußten einsehen, daß das Eingreifen der Tribune in<br />

die Administration sowie ihre Anklägertätigkeit schlechterdings schädlich wirkten<br />

und der einzige wirkliche Gewinn, den das Tribunat dem gemeinen Mann gebracht<br />

hatte, der Schutz gegen parteiische Rechtspflege war, indem es als eine Art Kassationsgericht<br />

die Willkür des Magistrats beschränkte. Ohne Zweifel ward, als die<br />

Plebejer ein geschriebenes Landrecht begehrten, von den Patriziern erwidert, daß<br />

dann der tribunizische Rechtsschutz überflüssig werde; und hierauf scheint von<br />

beiden Seiten nachgegeben zu sein. Es ist vielleicht nie bestimmt ausgesprochen<br />

worden, wie es werden sollte nach Abfassung des Landrechts; aber an dem definitiven<br />

Verzicht der Plebs auf das Tribunat ist nicht zu zweifeln, da dieselbe durch<br />

das Dezemvirat in die Lage kam, nicht anders als auf ungesetzlichem Wege das<br />

Tribunat zurückgewinnen zu können. Die der Plebs gegebene Zusage, daß ihre beschworenen<br />

Freiheiten nicht angetastet werden sollten, kann bezogen werden auf<br />

die vom Tribunat unabhängigen Rechte der Plebejer, wie die Provokation und der<br />

Besitz des Aventin. Die Absicht scheint gewesen zu sein, daß die Zehnmänner bei<br />

ihrem Rücktritt dem Volke vorschlagen sollten, die jetzt nicht mehr nach Willkür,<br />

sondern nach geschriebenem Recht urteilenden Konsuln wiederum zu wählen.<br />

Der Plan, wenn er bestand, war weise; es kam darauf an, ob die leidenschaftlich<br />

erbitterten Gemüter hüben und drüben diesen friedlichen Austrag annehmen<br />

würden. Die Dezemvirn des Jahres 303 (451) brachten ihr Gesetz vor das Volk<br />

und, von diesem bestätigt, wurde dasselbe, in zehn kupferne Tafeln eingegraben,<br />

auf dem Markt an der Rednerbühne vor dem Rathaus angeschlagen. Da indes noch<br />

ein Nachtrag erforderlich schien, so ernannte man auf das Jahr 304 (450) wieder<br />

Zehnmänner, die noch zwei Tafeln hinzufügten; so entstand das erste und einzige<br />

römische Landrecht, das Gesetz der Zwölf Tafeln. Es ging aus einem Kompromiß<br />

der Parteien hervor und kann schon darum tiefgreifende, über nebensächliche und<br />

bloße Zweckmäßigkeitsbestimmungen hinausgehende Änderungen des bestehenden<br />

Rechts nicht wohl enthalten haben. Sogar im Kreditwesen trat keine weitere<br />

Milderung ein, als daß ein – wahrscheinlich niedriges – Zinsmaximum (10 Pro-<br />

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