Mommsen, Theodor, Römische Geschichte, Zweites ... - nubuk.com
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132 KAPITEL 7. KÖNIG PYRRHOS GEGEN ROM<br />
daß er zu gesetzter Zeit im Jahre die Rechnungen des königlichen Viehverwalters<br />
durchsah und von seinen braven Epeiroten die landüblichen Geschenke an Rindern<br />
und Schafen entgegennahm, um sich alsdann am Altar des Zeus von ihnen den Eid<br />
der Treue erneuern zu lassen und selbst den Eid auf die Gesetze zu wiederholen<br />
und, diesem allen zu mehrerer Bekräftigung, mit ihnen die Nacht hindurch zu zechen.<br />
War kein Platz für ihn auf dem makedonischen Thron, so war überhaupt in<br />
der Heimat seines Bleibens nicht; er konnte der Erste sein und also nicht der Zweite.<br />
So wandten sich seine Blicke in die Weite. Die Könige, die um Makedoniens<br />
Besitz haderten, obwohl sonst in nichts einig, waren gern bereit, gemeinschaftlich<br />
zu helfen, daß der gefährliche Nebenbuhler freiwillig ausscheide; und daß die<br />
treuen Kriegsgenossen ihm folgen würden, wohin er sie führte, dessen war er gewiß.<br />
Eben damals stellten die italischen Verhältnisse sich so, daß jetzt wiederum<br />
als ausführbar erscheinen konnte, was vierzig Jahre früher Pyrrhos’ Verwandter,<br />
seines Vaters Vetter Alexander von Epeiros, und eben erst sein Schwiegervater<br />
Agathokles beabsichtigt hatten; und so entschloß sich Pyrrhos, auf seine makedonischen<br />
Pläne zu verzichten und im Westen eine neue Herrschaft für sich und für<br />
die hellenische Nation zu gründen.<br />
Die Waffenruhe, die der Friede mit Samnium 464 (290) für Italien herbeigeführt<br />
hatte, war von kurzer Dauer; der Anstoß zur Bildung einer neuen Ligue gegen<br />
die römische Übermacht kam diesmal von den Lucanern. Dieser Völkerschaft, die<br />
durch ihre Parteinahme für Rom die Tarentiner während der Samnitischen Kriege<br />
gelähmt und zu deren Entscheidung wesentlich beigetragen hatte, waren dafür von<br />
den Römern die Griechenstädte in ihrem Gebiet preisgegeben worden; und demgemäß<br />
hatten sie nach abgeschlossenem Frieden in Gemeinschaft mit den Brettiern<br />
sich daran gemacht, eine nach der anderen zu bezwingen. Die Thuriner, wiederholt<br />
angegriffen von dem Feldherrn der Lucaner, Stenius Statilius, und aufs äußerste bedrängt,<br />
wandten sich, ganz wie einst die Kampaner die Hilfe Roms gegen die Samniten<br />
in Anspruch genommen hatten und ohne Zweifel um den gleichen Preis ihrer<br />
Freiheit und Selbständigkeit, mit der Bitte um Beistand gegen die Lucaner an den<br />
römischen Senat. Da das Bündnis mit diesen durch die Anlage der Festung Venusia<br />
für Rom entbehrlich geworden war, gewährten die Römer das Begehren der Thuriner<br />
und geboten ihren Bundesfreunden von der Stadt, die sich den Römern ergeben<br />
habe, abzulassen. Die Lucaner und Brettier, also von den mächtigeren Verbündeten<br />
betrogen um den Anteil an der gemeinschaftlichen Beute, knüpften Verhandlungen<br />
an mit der samnitisch-tarentinischen Oppositionspartei, um eine neue Koalition der<br />
Italiker zustande zu bringen; und als die Römer sie durch eine Gesandtschaft warnen<br />
ließen, setzten sie den Gesandten gefangen und begannen den Krieg gegen<br />
Rom mit einem neuen Angriff auf Thurii (um 469 285), indem sie zugleich nicht<br />
bloß die Samniten und die Tarentiner, sondern auch die Norditaliker, die Etrusker,<br />
Umbrer, Gallier aufriefen, mit ihnen zum Freiheitskampf sich zu vereinigen. In