Mommsen, Theodor, Römische Geschichte, Zweites ... - nubuk.com
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52 KAPITEL 3. DIE AUSGLEICHUNG DER STÄNDE<br />
Konsulats geschehen war, auch von der einen Zensorstelle gesetzlich ausgeschlossen.<br />
Es änderte nichts, daß wohl noch einmal ein patrizischer Augur in der Wahl<br />
eines plebejischen Diktators (427 327) geheime, ungeweihten Augen verborgene<br />
Mängel fand und daß der patrizische Zensor seinem Kollegen bis zum Schlusse<br />
dieser Periode (474 280) nicht gestattete, das feierliche Opfer darzubringen, womit<br />
die Schatzung schloß; dergleichen Schikanen dienten lediglich dazu, die üble Laune<br />
des Junkertums zu konstatieren. Ebensowenig änderten etwa die Quengeleien,<br />
welche die patrizischen Vorsitzer des Senats nicht verfehlt haben werden, wegen<br />
der Teilnahme der Plebejer an der Debatte in demselben zu erheben; vielmehr stellte<br />
die Regel sich fest, daß nicht mehr die patrizischen Mitglieder, sondern die zu<br />
einem der drei höchsten ordentlichen Ämter, Konsulat, Prätur und kurulischer Ädilität<br />
gelangten, in dieser Folge und ohne Unterschied des Standes zur Abgabe ihres<br />
Gutachtens aufzufordern seien, während diejenigen Senatoren, die keines dieser<br />
Ämter bekleidet hatten, auch jetzt noch bloß an der Abmehrung teilnahmen. Das<br />
Recht endlich des Patriziersenats, einen Beschluß der Gemeinde als verfassungswidrig<br />
zu verwerfen, das derselbe auszuüben freilich wohl ohnehin selten gewagt<br />
haben mochte, ward ihm durch das Publilische Gesetz von 415 (339) und durch das<br />
nicht vor der Mitte des fünften Jahrhunderts erlassene Maenische in der Art entzogen,<br />
daß er veranlaßt ward, seine etwaigen konstitutionellen Bedenken bereits<br />
bei Aufstellung der Kandidatenliste oder Einbringung des Gesetzvorschlags geltend<br />
zu machen; was denn praktisch darauf hinauslief, daß er stets im voraus seine<br />
Zustimmung aussprach. In dieser Art als rein formales Recht ist die Bestätigung<br />
der Volksschlüsse dem Adel bis in die letzte Zeit der Republik geblieben.<br />
Länger behaupteten begreiflicherweise die Geschlechter ihre religiösen Vorrechte;<br />
ja an manche derselben, die ohne politische Bedeutung waren, wie namentlich<br />
an ihre ausschließliche Wählbarkeit zu den drei höchsten Flaminaten und dem<br />
sacerdotalen Königtum sowie in die Genossenschaften der Springer, hat man niemals<br />
gerührt. Dagegen waren die beiden Kollegien der Pontifices und der Augurn,<br />
an welche ein bedeutender Einfluß auf die Gerichte und die Komitien sich knüpfte,<br />
zu wichtig, als daß diese Sonderbesitz der Patrizier hätten bleiben können; das<br />
Ogulnische Gesetz vom Jahre 454 (300) eröffnete denn auch in diese den Plebejern<br />
den Eintritt, indem es die Zahl der Pontifices und der Augurn beide von sechs<br />
auf neun vermehrte und in beiden Kollegien die Stellen zwischen Patriziern und<br />
Plebejern gleichmäßig teilte.<br />
Den letzten Abschluß des zweihundertjährigen Haders brachte das durch einen<br />
gefährlichen Volksaufstand hervorgerufene Gesetz des Diktators Q. Hortensius (465-<br />
468 289-286), das anstatt der früheren bedingten die unbedingte Gleichstellung der<br />
Beschlüsse der Gesamtgemeinde und derjenigen der Plebs aussprach. So hatten<br />
sich die Verhältnisse umgewandelt, daß derjenige Teil der Bürgerschaft, der einst<br />
allein das Stimmrecht besessen hatte, seitdem bei der gewöhnlichen Form der für