Mommsen, Theodor, Römische Geschichte, Zweites ... - nubuk.com
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Kapitel 9<br />
Kunst und Wissenschaft<br />
Die Entwicklung der Kunst und namentlich der Dichtkunst steht im Altertum im<br />
engsten Zusammenhang mit der Entwicklung der Volksfeste. Das schon in der vorigen<br />
Epoche wesentlich unter griechischem Einfluß, zunächst als außerordentliche<br />
Feier, geordnete Dankfest der römischen Gemeinde, die “großen” oder “römischen<br />
Spiele”, nahm während der gegenwärtigen an Dauer wie an Mannigfaltigkeit<br />
der Belustigungen zu. Ursprünglich beschränkt auf die Dauer eines Tages wurde<br />
das Fest nach der glücklichen Beendigung der drei großen Revolutionen von 245,<br />
260 und 387 (509, 494 und 367) jedesmal um einen Tag verlängert und hatte am<br />
Ende dieser Periode also bereits eine viertägige Dauer 1 . Wichtiger noch war es,<br />
daß das Fest wahrscheinlich mit Einsetzung der von Haus aus mit der Ausrichtung<br />
und Überwachung desselben betrauten kurulischen Ädilität (387 367) seinen<br />
außerordentlichen Charakter und damit seine Beziehung auf ein bestimmtes Feldherrngelübde<br />
verlor und in die Reihe der ordentlichen, jährlich wiederkehrenden<br />
als erstes unter allen eintrat. Indes blieb die Regierung beharrlich dabei, das eigentliche<br />
Schaufest, namentlich das Hauptstück, das Wagenrennen, nicht mehr als<br />
1 Was Dionys (6, 95; vgl. B. G. Niebuhr, <strong>Römische</strong> <strong>Geschichte</strong>. Bd. 2, S. 40) und, schöpfend aus<br />
einer anderen Dionysischen Stelle, Plutarch (Cam. 42) von dem latinischen Fest berichtet, ist, wie<br />
außer anderen Gründen schlagend die Vergleichung der letzteren Stelle mit Liv. 6, 42 (F. W. Ritschl,<br />
Parerga zu Plautus und Terentius. Leipzig 1845. Bd. 1, S. 313) zeigt, vielmehr von den römischen<br />
Spielen zu verstehen; Dionys hat, und zwar nach seiner Gewohnheit im Verkehrten beharrlich, den<br />
Ausdruck ludi maximi mißverstanden.<br />
Übrigens gab es auch eine Überlieferung, wonach der Ursprung des Volksfestes, statt wie gewöhnlich<br />
auf die Besiegung der Latiner durch den ersten Tarquinius, vielmehr auf die Besiegung der<br />
Latiner am Regiller See zurückgeführt ward (Cic. div. 1, 26, 55; Dion. Hal. 7, 71). Daß die wichtigen,<br />
an der letzten Stelle aus Fabius aufbehaltenen Angaben in der Tat auf das gewöhnliche Dankfest<br />
und nicht auf eine besondere Votivfeierlichkeit gehen, zeigt die ausdrückliche Hinweisung auf die<br />
jährliche Wiederkehr der Feier und die genau mit der Angabe bei dem falschen Asconius (Ps. Ascon.<br />
p. 142 Or.) stimmende Kostensumme.<br />
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