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Mommsen, Theodor, Römische Geschichte, Zweites ... - nubuk.com

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68 KAPITEL 3. DIE AUSGLEICHUNG DER STÄNDE<br />

erwarb derselbe, wie schon gesagt ward, das Recht, den Diktator zu bestellen. Größere<br />

Rücksicht maßte allerdings auf die Gemeinde genommen werden: es konnte<br />

ihr das Recht nicht entzogen werden, die Gemeindeämter zu vergeben; doch ward,<br />

wie gleichfalls schon bemerkt wurde, sorgfältig darüber gewacht, daß diese Beamtenwahl<br />

nicht etwa in die Vergebung bestimmter Kompetenzen, namentlich nicht<br />

der Oberfeldherrnstellen in bevorstehenden Kriegen, übergehe. Überdies brachte<br />

teils der neu eingeführte Kompetenzbegriff, teils das dem Senat tatsächlich zugestandene<br />

Recht, von den Gesetzen zu entbinden, einen wichtigen Teil der Ämterbesetzung<br />

in die Hände des Senats. Von dem Einfluß, den der Senat auf die Feststellung<br />

der Geschäftskreise namentlich der Konsuln ausübte, ist schon die Rede<br />

gewesen. Von dem Dispensationsrecht war eine der wichtigsten Anwendungen die<br />

Entbindung des Beamten von der gesetzlichen Befristung seines Amtes, welche<br />

zwar, als den Grundgesetzen der Gemeinde zuwider, nach römischen Staatsrecht<br />

in dem eigentlichen Stadtbezirk nicht vorkommen durfte, aber außerhalb desselben<br />

wenigstens insoweit galt, als der Konsul und Prätor, dem die Frist verlängert war,<br />

nach Ablauf derselben fortfuhr, “an Konsul” oder “Prätor Statt” (pro consule, pro<br />

praetore) zu fungieren. Natürlich stand dies wichtige, dem Ernennungsrecht wesentlich<br />

gleichstehende Recht der Fristerstreckung gesetzlich allein der Gemeinde<br />

zu und ward anfänglich auch faktisch von ihr gehandhabt; aber doch wurde schon<br />

447 (307) und seitdem regelmäßig den Oberfeldherren das Kommando durch bloßen<br />

Senatsbeschluß verlängert. Dazu kam endlich der übermächtige und klug vereinigte<br />

Einfluß der Aristokratie auf die Wahlen, welcher dieselben nicht immer,<br />

aber in der Regel auf die der Regierung genehmen Kandidaten lenkte.<br />

Was schließlich die Verwaltung anlangt, so hing Krieg, Frieden und Bündnis,<br />

Kolonialgründung, Ackerassignation, Bauwesen, überhaupt jede Angelegenheit<br />

von dauernder und durchgreifender Wichtigkeit, und namentlich das gesamte<br />

Finanzwesen lediglich ab von dem Senat. Er war es, der Jahr für Jahr den Beamten<br />

in der Feststellung ihrer Geschäftskreise und in der Limitierung der einem jeden<br />

zur Verfügung zu stellenden Truppen und Gelder die allgemeine Instruktion gab,<br />

und an ihn ward von allen Seiten in allen wichtigen Fällen rekurriert: keinem Beamten,<br />

mit Ausnahme des Konsuls, und keinem Privaten durften die Vorsteher der<br />

Staatskasse Zahlung anders leisten als nach vorgängigem Senatsbeschluß. Nur in<br />

die Besorgung der laufenden Angelegenheiten und in die richterliche und militärische<br />

Spezialverwaltung mischte das höchste Regierungskollegium sich nicht ein;<br />

es war zu viel politischer Sinn und Takt in der römischen Aristokratie, um die Leitung<br />

des Gemeinwesens in eine Bevormundung des einzelnen Beamten und das<br />

Werkzeug in eine Maschine verwandeln zu wollen.<br />

Daß dies neue Regiment des Senats bei aller Schonung der bestehenden Formen<br />

eine vollständige Umwälzung des alten Gemeinwesens in sich schloß, leuchtet<br />

ein; daß die freie Tätigkeit der Bürgerschaft stockte und erstarrte und die Beam-

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