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Mommsen, Theodor, Römische Geschichte, Zweites ... - nubuk.com

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58 KAPITEL 3. DIE AUSGLEICHUNG DER STÄNDE<br />

darum aufzuhören, einfacher sabinischer Stellbesitzer zu sein und sein Brotkorn<br />

selber zu bauen.<br />

Indes darf es über dieser imponierenden republikanischen Gleichheit nicht übersehen<br />

werden, daß dieselbe zum guten Teil nur formaler Art war und aus derselben<br />

eine sehr entschieden ausgeprägte Aristokratie nicht so sehr hervorging als vielmehr<br />

darin von vornherein enthalten war. Schon längst hatten die reichen und angesehenen<br />

nichtpatrizischen Familien von der Menge sich ausgeschieden und im<br />

Mitgenuß der senatorischen Rechte, in der Verfolgung einer, von der der Menge<br />

unterschiedenen und sehr oft ihr entgegenwirkenden Politik sich mit dem Patriziat<br />

verbündet. Die Licinischen Gesetze hoben die gesetzlichen Unterschiede innerhalb<br />

der Aristokratie auf und verwandelten die den gemeinen Mann vom Regiment ausschließende<br />

Schranke aus einem unabänderlichen Rechts- in ein nicht unübersteigliches,<br />

aber doch schwer zu übersteigendes tatsächliches Hindernis. Auf dem einen<br />

wie dem anderen Wege kam frisches Blut in den römischen Herrenstand; aber an<br />

sich blieb nach wie vor das Regiment aristokratisch und auch in dieser Hinsicht die<br />

römische eine rechte Bauerngemeinde, in welcher der reiche Vollhufener zwar äußerlich<br />

von dem armen Insten sich wenig unterscheidet und auf gleich und gleich<br />

mit ihm verkehrt, aber nichtsdestoweniger die Aristokratie so allmächtig regiert,<br />

daß der Unbemittelte weit eher in der Stadt Bürgermeister als in seinem Dorfe<br />

Schulze wird. Es war wichtig und segensreich, daß nach der neuen Gesetzgebung<br />

auch der ärmste Bürger das höchste Gemeindeamt bekleiden durfte; aber darum<br />

war es nichtsdestoweniger nicht bloß eine seltene Ausnahme, daß ein Mann aus<br />

den unteren Schichten der Bevölkerung dazu gelangte 4 , sondern es war wenigstens<br />

gegen den Schluß dieser Periode wahrscheinlich schon nur möglich mittels einer<br />

Oppositionswahl. Jedem aristokratischen Regiment tritt von selber eine entsprechende<br />

Oppositionspartei gegenüber; und da auch die formelle Gleichstellung der<br />

Stände die Aristokratie nur modifizierte und der neue Herrenstand das alte Patriziat<br />

nicht bloß beerbte, sondern sich auf denselben pfropfte und aufs innigste mit<br />

ihm zusammenwuchs, so blieb auch die Opposition bestehen und tat in allen und<br />

jeden Stücken das gleiche. Da die Zurücksetzung jetzt nicht mehr die Bürgerlichen,<br />

sondern den gemeinen Mann traf, so trat die neue Opposition von vornherein<br />

auf als Vertreterin der geringen Leute und namentlich der kleinen Bauern; und wie<br />

die neue Aristokratie sich an das Patriziat anschloß, so schlangen sich die ersten<br />

Regungen dieser neuen Opposition mit den letzten Kämpfen gegen die Patrizi-<br />

4 Die Armut der Konsulare dieser Epoche, welche in den moralischen Anekdotenbüchern der späteren<br />

Zeit eine große Rolle spielt, beruht großenteils auf Mißverständnis teils des alten sparsamen<br />

Wirtschaftens, welches sich recht gut mit ansehnlichem Wohlstand verträgt, teils der alten schönen<br />

Sitte, verdiente Männer aus dem Ertrag von Pfennigkollekten zu bestatten, was durchaus keine Armenbeerdigung<br />

ist. Auch die autoschediastische Beinamenerklärung, die so viel Plattheiten in die<br />

römische <strong>Geschichte</strong> gebracht hat, hat hierzu ihren Beitrag geliefert (Serranus).

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