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demonstratio christiana traktat ii - von Prof. Dr. Joseph Schumacher

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können meint 4 . Die Erfahrung der existentiellen Abhängigkeit provoziert also die Frage nach<br />

ihrem Grund als eine Frage, die nie verstummt, die ganz wesentlich ist für unser Menschsein und<br />

immer wieder hervortritt.<br />

Dieses grundlegende Abhängigkeitsverhältnis steht nun aber im Widerstreit mit dem umfassen-<br />

den Autonomiebewusstsein, das gerade heute besonders stark ist. Aber es lässt sich nicht leug-<br />

nen: Wir sind abhängig, und zwar philosophisch gesprochen, in unserem Dasein und in unse-rem<br />

Sosein. Abhängig ist unser Sosein, d.h. wir leben in vielfachen Bedingtheiten und Abhängig-<br />

keiten, biologisch, geistig und sozial, aus denen wir nie herauskommen, wir leben in Verhält-<br />

nissen, die wir uns größtenteils nicht selbst ausgesucht haben. Abhängig ist auch unser Dasein,<br />

d.h. unser Leben ist ungesichert und bedroht, <strong>von</strong> Angst und Sorge bestimmt. Zudem ist dieses<br />

unser Dasein zwar eine Tatsache, aber keine selbstverständliche. Wir erleben es als überant-<br />

wortet. Es ist uns geschenkt, ohne dass man uns gefragt hat, es ist uns aufgedrängt. Die eigene<br />

Existenz ist ein Rätsel, das uns stets begleitet. Wir verdanken uns nicht uns selbst, wir sind uns<br />

vorgegeben. Ungefragt sind wir, ungefragt sterben wir. Der Mensch Aist durch eine Herkunft<br />

bestimmt und geprägt, die er nicht selbst verfügt hat, er ist an einen geschichtlichen und epo-<br />

chalen Ort eingewiesen, den er nicht selbst gewählt hat, er steht unter Gegebenheiten, Gesetzen<br />

und Verfügungen, die er nur zum Schaden seiner selbst überspringen oder verletzen kann; er<br />

erfährt in vielen Stücken, dass er ein Empfangender und Annehmender, ein Lernender und ein<br />

Beschenkter ist. Der Mensch ... erfährt heute wie immer seine unübersteigbare Passivität, seine<br />

Grenze und seine Endlichkeit. Er erkennt, dass er selbst verfügt und dass über ihn verfügt wird<br />

...@ 5 .<br />

AJeder Mensch muss es immer wieder als eine erstaunliche Tatsache empfinden, dass er sich<br />

ungefragt aus dem Nichts ins Dasein gestellt sieht und sich so selbst zum Rätsel wird. Dieser für<br />

jeden urteilsfähigen Menschen aufwühlende Gedanke@ 6 dürfte heute der entscheidende An-<br />

4 Vgl. Adolf Kolping, Fundamentaltheologie II, Münster 1974, 17 und 672-674; Schreiben der deut-schen<br />

Bischöfe an alle, die <strong>von</strong> der Kirche mit der Glaubensverkündigung beauftragt sind, vom 22 September 1967, 1 f.<br />

5 Heinrich Fries, Glaube und Kirche auf dem Prüfstand. Versuche einer Orientierung, München 1970, 245;<br />

Albert Lang, Wesen und Wahrheit der Religion, München 1957, 159 ff.<br />

6<br />

Julius Seiler, Das Dasein Gottes als Denkaufgabe. Darlegung und Bewertung der Gottesbeweise, Luzern<br />

1965, 6.

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