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demonstratio christiana traktat ii - von Prof. Dr. Joseph Schumacher

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229<br />

Im Einzelnen stellt Schweitzer fest, Jesu habe mit der Aussendung seiner Jünger in Galiläa (Mt<br />

10,5) das Hereinbrechen des eschatologischen Gottesreiches aktiv als Messias herbeizwingen<br />

wollen, dann jedoch erkannt, dass der Plan Gottes anders sei, nämlich dass er in seinem Leiden<br />

die Erdendrangsal auf sich habe nehmen müssen, um dann als Menschensohn bald wieder-<br />

zukommen und das Reich zu bringen 491 . Aus dieser Weltuntergangsstimmung Jesu erklärt<br />

Schweitzer auch die sittliche Botschaft der Bergpredigt als Interimsethik, das will sagen, er<br />

erklärt sie als Forderungen, die im Bewusstsein des nahenden Endes aller Dinge sinnvoll und<br />

rea-lisierbar seien. Ein Vergleich mit den apokalyptischen Schriften des Spätjudentums schien<br />

dieser einseitigen Auffassung recht zu geben, denn auch dort fand man die Ankündigung des<br />

baldigen Gerichtes, die Gestalt eines Menschensohnes, der auf den Wolken kommt, und<br />

phantastische Schilderungen des neuen Äons. Man vertritt hier also die Auffassung, das Chri-<br />

stentum und seine Geschichte seien lediglich aus dem Ausbleiben der Parusie zu verstehen.<br />

Wenn Jesus aber nichts anderes war als ein in den Ideen des Spätjudentums befangener Prophet,<br />

ein apokalyptischer Schwärmer, und wenn der Geschichtsverlauf seine Vorhersagen eindeutig<br />

widerlegt hat, sofern das Erwartete nicht gekommen ist, dann musste sich für Schweitzer un-<br />

umgänglich die Frage stellen, ob Jesus als Person nicht wegen dieses seines Irrtums um der in-<br />

tellektuellen Redlichkeit willen preiszugeben sei. Albert Schweitzer hat diese Konsequenz gezo-<br />

gen und nur noch Einiges <strong>von</strong> der sittlichen Botschaft Jesu, speziell die Nächstenliebe oder den<br />

Einsatz für den Mitmenschen in Not, als erhaltenswert betrachtet. Darum hat er sich persönlich<br />

<strong>von</strong> der Theologie abgewandt, Medizin studiert und den Arztberuf ergriffen. Aber sein Eschato-<br />

logismus sollte sich wissenschaftlich schon bald als unhaltbar erweisen. Es sollte sich zeigen,<br />

dass auch die eschatologische Schule einseitig war; zudem blieb sie weithin der psychologischen<br />

Methode und überhaupt den geistigen Voraussetzungen der liberalen Schule verhaftet (seinem<br />

Historismus und Individualismus). Dennoch ist es das Verdienst der eschatologischen Schule,<br />

das Problem der Deutung der eschatologischen Botschaft Jesu ins Gespräch gebracht zu haben.<br />

Zudem brachte sie durch eine beträchtliche Steigerung und Ausweitung der Kritik an den<br />

neutestamentlichen Quellen die Erkenntnis, dass die neutestamentliche Überlieferung dogmati-<br />

schen Charakter hat; auch jene des Markus-Evangeliums. Man sagte, weil die Berichte nur den<br />

2 1961, 859 - 864.<br />

491 Vgl. Franz Mussner, Art. Leben-Jesu-Forschung, in: Lexikon für Theologie und Kirche, Bd. VI, Freiburg

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