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demonstratio christiana traktat ii - von Prof. Dr. Joseph Schumacher

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Kirche und ihren Dogmen lossagen wollte, erkannte man, dass die Jesusüberlieferung nicht <strong>von</strong><br />

der Kirche zu trennen ist, dass alles, was wir <strong>von</strong> Jesus wissen, gleichsam den Stempel und die<br />

Unterschrift der apostolischen Kirche trägt, dass es sich bei den Evangelien nicht so sehr um<br />

literarische Werke eines bestimmten Autors als um offizielle Schriften der christlichen Ge-<br />

meinden bzw. der Urkirche handelt. Wichtiger als die Frage, wann und wo Jesus dieses oder<br />

jenes Wort gesprochen und dieses oder jenes Wunder gewirkt hat, wird nun die Frage nach der<br />

soziologischen Funktion des Textes, nach seinem ASitz im Leben@ der Gemeinde. Man fragt,<br />

warum und zu welchem Zweck dieses Wort oder diese Erzählung überliefert wurde. Die<br />

Evangelien werden so als historische Quellen gesehen, die <strong>von</strong> dem Leben der Kirche, der ersten<br />

christlichen Gemeinden, <strong>von</strong> ihrer Theologie, <strong>von</strong> ihrem Kult, <strong>von</strong> ihrer Predigt und <strong>von</strong> ihrer<br />

Disziplin berichten.<br />

Somit tritt das Leben Jesu wieder mehr in den Hintergrund. Das führte aber teilweise aufs Neue<br />

zu einer übertriebenen Skepsis gegenüber dem Leben Jesu, zu einem Standpunkt, der in gewisser<br />

Weise an David Friedrich Strauß erinnert, wenngleich die Tendenz verschieden war, denn wollte<br />

Strauß durch seine radikale Skepsis den Glauben erschüttern, so wollte man durch die Hinwen-<br />

dung zum Kerygma einen echten, bedingungslosen Glauben ermöglichen. Unter dem Einfluss<br />

solcher übertriebener Skepsis gegenüber der Überlieferung erklärt Rudolf Bultmann 1925 in<br />

seinem Jesus-Buch, wir könnten vom Leben und <strong>von</strong> der Persönlichkeit Jesu so gut wie nichts<br />

mehr wissen. Zudem sei die historische Frage absolut belanglos. Der christliche Glaube sei daran<br />

völlig desinteressiert. Das führte viele protestantische Theologen wiederum zu der Meinung, man<br />

könne auf den historischen Jesus überhaupt verzichten, weil sich der Glaube allein auf die<br />

Verkündigung der Kirche (das Kerygma) stütze 494 .<br />

Dieser einseitige Standpunkt, der <strong>von</strong> der katholischen Theologie selbstverständlich nie über-<br />

nommen werden konnte, hat heute auch innerhalb der protestantischen Exegese mehr und mehr<br />

an Boden verloren. Man ist sich dessen bewusst, dass durch die geformten Überlieferungen,<br />

durch den Glauben der apostolischen Kirche und die Redaktionstätigkeit der Evangelisten (durch<br />

ihre Konzeption, durch ihre ausgeprägte theologische Konzeption) hindurch der historische Jesus<br />

erreichbar ist. Die neutestamentliche Wissenschaft hat heute so sehr ihre Methoden<br />

494 Franz <strong>Joseph</strong> Schierse, (These 23: Jesus <strong>von</strong> Nazareth ist mit dem unvergleichlichen Anspruch<br />

aufgetreten, der einzige und letzte Offenbarer Gottes zu sein), in: Walter Kern u. a., Warum glauben? Würzburg<br />

1961, 214 f.

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