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demonstratio christiana traktat ii - von Prof. Dr. Joseph Schumacher

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Die Stelle, die uns hier interessiert, hat folgenden Wortlaut: AUm dieses Gerücht aus der Welt zu<br />

schaffen, schob Kaiser Nero Schuldige vor und bestrafte jene, welche, durch Schandtaten<br />

verhasst geworden, vom Volke Christen genannt wurden (quos per flagitia invisos vulgus<br />

christianos appellabat). Der Name stammt <strong>von</strong> einem Christus, der unter der Regierung des Tibe-<br />

rius durch den Landpfleger Pontius Pilatus hingerichtet wurde. Für den Augenblick war der<br />

Aberglaube zurückgedrängt; er brach jedoch aufs Neue hervor, nicht nur in Judäa, wo dieses Un-<br />

heil entstanden war, sondern auch in Rom, wo <strong>von</strong> allen Seiten her alles Scheußliche und<br />

Schändliche zusammenströmt und Anhang findet. Man ergriff zunächst jene, die sich dazu (zu<br />

je-nem Christus) bekannten, dann (ergriff man) auf deren Angaben hin eine sehr große Menge,<br />

die nicht in erster Linie der Brandstiftung, sondern vielmehr des Hasses auf die Menschheit über-<br />

wiesen wurde. Noch im Tode trieb man mit ihnen Spott, da man sie in Tier-Felle einhüllte und<br />

<strong>von</strong> Hunden zerreißen liess. Viele wurden ans Kreuz geschlagen oder verbrannt. Andere ver-<br />

wendete man, als der Tag zur Neige ging, zur Erleuchtung der Nacht. Nero stellte für dieses<br />

Schauspiel seine Gärten zur Verfügung ... Obwohl die Bestraften schuldig waren und die<br />

härtesten Strafen verdient hatten, erwachte dennoch Mitleid, weil sie nicht dem Gemeinwohl,<br />

sondern der Grausamkeit eines Einzelnen geopfert wurden@ 467 .<br />

Vom Inhalt her gesehen ist hier kaum an eine christliche Interpolation zu denken. Außerdem<br />

stimmt der Stil dieser Stelle völlig mit dem Stil des Tacitus überein. Man hat sie sogar als ein<br />

AMusterstück echt taciteischen Stils und Denkens 468 bezeichnet.<br />

Die geschichtlichen Fakten entsprechen unseren sonstigen Kenntnissen. Pilatus war in der Tat<br />

römischer Prokurator in Judäa in den Jahren 26-36 n. Chr. Tiberius regierte als Kaiser vom Jahre<br />

14-37 n. Chr.<br />

Die Angaben sind weder schmeichelhaft noch tendenziös. Tacitus hat nur unklare Vorstellungen<br />

über das Werden des Christentums und das Verhältnis der Christen zu den Juden. Das spricht<br />

wiederum gegen eine christliche Interpolation. Es deutet auch darauf hin, dass Tacitus nicht aus<br />

christlichen Quellen geschöpft hat. Daher gibt es hier verschiedene Möglichkeiten der Deutung.<br />

467 Tacitus, Annalen , lib. XV c. 44.<br />

468 Johannes Weiss, Jesus <strong>von</strong> Nazareth. Mythos oder Geschichte?, Tübingen 1910, 86.

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