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Wissenschaftliche Arbeit Mag. Fehringer_Langfassung.pdf

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Deutsche Reich getroffen hatten. Zwar erregten die Hochverratsprozesse ein großes<br />

öffentliches Interesse, machten aber nur einen marginalen Teil der gesamten Volksgerichtsprozesse<br />

aus. Die österreichischen Volksgerichte beschäftigten sich vor allem mit<br />

leitenden NS-FunktionärInnen und mit KriegsverbrecherInnen. Hochrangige NS-<br />

FunktionärInnen wurden jedoch oft aus drei Gründen nicht abgeurteilt: Erstens flüchteten<br />

viele NationalsozialistInnen, zweitens behielten es sich die Alliierten vor, die hohen<br />

FunktionärInnen zu verfolgen, und drittens mussten die gefassten TäterInnen an jene<br />

Länder ausgeliefert werden, wo sie die Verbrechen begangen hatten. Das betreffende<br />

Auslieferungsverfahren fand aber vor österreichischen Gerichten statt. 1545<br />

Bis zum Jahr 1947 verzögerten sich die Urteile der Volksgerichte, da zu wenig<br />

Justizbeamte und Richter zur Verfügung standen. Der Grund hierfür liegt in der hohen<br />

Nachkriegskriminalität. Das Personal konnte nur bedingt für die Sondergerichte<br />

abgezogen werden, ohne die <strong>Arbeit</strong> der ordentlichen Strafgerichte zu gefährden.<br />

Außerdem dauerte die Beweisfindung und -überprüfung in vielen Fällen sehr lange.<br />

Schwerwiegender war jedoch, dass viele Richter in der NS-Zeit tätig und somit belastet<br />

waren. Für die Volksgerichte konnten nur Richter eingesetzt werden, die keine<br />

nationalsozialistische Vergangenheit hatten. Daher wurde auf Richter zurückgegriffen,<br />

welche 1938 zwangsweise pensioniert worden waren. Aufgrund des personellen Mangels<br />

und der Vorbelastung der Richter konnten die Volksgerichte die große Zahl der Fälle nicht<br />

vollkommen bewältigen.<br />

Ein weiterer Grund für die Verzögerung der Prozesse liegt in der alliierten<br />

Besatzungspolitik. Briefsendungen wurden teilweise bis zu zwei Wochen von den Alliierten<br />

kontrolliert und erst verspätet weitergeleitet. Außerdem traten die österreichischen<br />

Gesetze außerhalb der sowjetischen Zone erst 1946 in Kraft, da die westlichen Alliierten<br />

die Rechtssprechung nicht gleich in die Hände der österreichischen Regierung geben<br />

wollten. Das Volksgericht Wien konnte bereits im August 1945 seine Tätigkeit aufnehmen,<br />

während die Volksgerichte in den westlichen Zonen erst mit Februar 1946 eingesetzt<br />

wurden und ab Sommer ihre Tätigkeit aufnahmen. Diese „Krise der Volksgerichte“ 1546<br />

konnte erst Anfang 1948 überwunden werden. Ab diesem Zeitpunkt führten die<br />

Volksgerichte ihre Tätigkeit im vorgesehenen Umfang aus. Es muss jedoch erwähnt<br />

1545 Vgl. Kuretsidis-Haider u. Garscha, Volksgericht Linz, 1471.<br />

1546 Stiefel, Entnazifizierung, 254.<br />

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