Wissenschaftliche Arbeit Mag. Fehringer_Langfassung.pdf
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erechnet. Emigrationswillige Juden und Jüdinnen sahen sich daher mit<br />
Steuerforderungen konfrontiert, die ihre verbliebenen finanziellen Möglichkeiten bei<br />
Weitem überstiegen. Dazu kam, dass die neuen BesitzerInnen ihren Zahlungspflichten nur<br />
sehr zögerlich nachkamen, die Begleichung aller offenen Steuerforderungen aber<br />
unabdingbar war, um die nötigen Ausreisepapiere zu erlangen.<br />
Eine Aktennotiz aus dem Büro des Reichskommissars für die Wiedervereinigung<br />
Österreichs mit dem Deutschen Reich, Josef Bürckel, vom 12. September 1938 beschreibt<br />
die Auswirkungen der im Sommer 1938 erfolgten Enteignungsmaßnahmen in der<br />
österreichischen Apothekerschaft recht drastisch:<br />
Für die Reichsfluchtsteuer werden jedoch im allgemeinen derartig hohe Werte<br />
angesetzt, dass es den Beteiligten nicht einmal möglich ist, aus dem wie vorstehend<br />
berechneten Kaufpreis ihre Reichsfluchtsteuer zu bezahlen, da aus dem<br />
verbleibenden Kaufpreis sämtliche Unkosten gedeckt werden müssen. Es wird uns<br />
ein Beispiel genannt, wonach bei einem Objekt, das am 1. Jänner 1938 einen Wert<br />
von RM 200.000.– hatte, ein Restbetrag von RM 4.000,– verblieb. Zahlungen aus<br />
dem verbleibenden Restbetrag werden angeblich nur unter größten Schwierigkeiten<br />
geleistet, sodass die Betroffenen ihren Lebensunterhalt aus Zuwendungen von<br />
Fremden bestreiten müssen. Einsprüche oder Einwendungen gegen das Verfahren<br />
sollen bis in die letzte Woche hinein mit Verhaftungen geahndet worden sein. 232<br />
Die ‚Arisierungen‘ der jüdischen Apotheken erfolgte somit in mehreren Schritten. Im Mai<br />
1938 wurde für alle zu arisierenden Apotheken zentral ein kommisarischer Verwalter<br />
eingesetzt. Im Sommer 1938 erfolgte sodann die Installierung von verantwortlichen<br />
LeiterInnen – meist die späteren AriseurInnen – in den jeweiligen Apotheken. Zeitgleich,<br />
ab Ende Juni 1938, wurden die BesitzerInnen von <strong>Mag</strong>. Edwin Renner zum Verkauf ihrer<br />
Betriebe genötigt. Nach der Erstellung eines Wirtschaftsprüfungsgutachtens wurde sodann<br />
der Kaufpreis für die Apotheke errechnet und den ‚AriseurInnen‘ die endgültige<br />
Genehmigung zur ‚Arisierung‘ von Seiten der Vermögensverkehrsstelle erteilt. Nach den<br />
so erfolgten Eigentumsübertragungen wurden ab Ende September/Anfang Oktober 1938<br />
die Konzessionen für die ‚arisierten‘ Apotheken an die neuen BesitzerInnen erteilt. Den<br />
Abschluss des Verfahrens bildete der Eintrag der neuen InhaberInnen in das Handelsregister<br />
ab Dezember 1938. Zu beachten ist hierbei auch, dass einige der ‚Arisierungen‘<br />
232 ÖStA, AdR 04, Bürckel-Materie, Kt. 91, 2160/14/1, Aktennotiz vom 12.09.1938.<br />
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