Wissenschaftliche Arbeit Mag. Fehringer_Langfassung.pdf
Wissenschaftliche Arbeit Mag. Fehringer_Langfassung.pdf
Wissenschaftliche Arbeit Mag. Fehringer_Langfassung.pdf
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Das unterschiedliche Niveau der Ausbildung in der Lehrzeit der AspirantInnen, welches<br />
von den Apothekergremien immer wieder kritisiert wurde, führte dazu, dass jene Lehrlinge,<br />
die als Apothekergesellen in den Apotheken bleiben wollten, oft eine ungenügende<br />
Ausbildung hatten, und Lehrlinge, die Pharmazie studieren wollten, nur schwer den<br />
Kursen an den Universitäten folgen konnten. Daher hatte der Allgemeine Österreichische<br />
Apothekerverein auf Anregung des Wiener Apothekers <strong>Mag</strong>. Schiffner schon im November<br />
1865 eine „Tyronenschule“ gegründet, welche ihren Lehrbetrieb in der Spitalgasse 31 im<br />
neunten Wiener Gemeindebezirk aufnahm. Gelehrt wurde in den Anfangsjahren nur<br />
theoretische Chemie, Botanik und Pharmakognosie. Später wurde der Unterrichtsplan<br />
immer weiter ausgebaut, sodass viele verschiedene Teilgebiete der Pharmazie abgedeckt<br />
wurden. Ab 1905 wurde für Wiener AspirantInnen der Besuch der Schule obligatorisch.<br />
Der Erfolg, den diese AspirantInnen bei den Abschlussprüfungen und im späteren Studium<br />
erzielen konnten, war ausschlaggebend dafür, dass auch in anderen Städten, wie zum<br />
Beispiel Prag, Lemberg, Krakau und Triest, solche Schulen gegründet wurden. 102<br />
Dennoch war die Studienordnung kurz nach der Einführung 1889 schon Gegenstand von<br />
Diskussionen in der Apothekerschaft. Der Umstand, dass der Abschluss der sechsten<br />
Klasse Gymnasium zum Erlernen des pharmazeutischen Berufs genügte, hatte zur Folge,<br />
dass Studenten der Pharmazie ohne Matura nicht als ordentliche Hörer an den Universitäten<br />
inskribieren konnten und nicht mit den anderen Studenten gleichberechtigt waren.<br />
Ein weiterer Effekt dieser Bestimmung war, dass viele Schüler, die Schule oder Matura<br />
nicht meisterten, oft aus Mangel an anderen Aussichten den Beruf des Pharmazeuten<br />
ergriffen. Damit war zwar für ausreichenden Nachwuchs gesorgt, einige ApothekerInnen<br />
fürchteten aber nicht nur eine Verminderung der Qualifikation der PharmazeutInnen,<br />
sondern auch die Degradierung des Apothekerstandes zu einem rein handwerklichen<br />
Beruf. Ein weiterer Diskussionspunkt war in den späten 1890er-Jahren die Zulassung von<br />
Frauen zum Pharmaziestudium und somit die Öffnung des Berufes für Frauen. Während in<br />
der ungarischen Reichshälfte Frauen schon ab 1895 zum Studium der Pharmazie<br />
zugelassen wurden, konnten in der österreichischen Reichshälfte Frauen erst 1900 die<br />
pharmazeutische Ausbildung zu gleichen Bedingungen wie Männer aufnehmen. Im<br />
Studienjahr 1903/04 bestanden die ersten Frauen die Tirozinalprüfungen, 1906 schlossen<br />
die ersten Frauen das Pharmaziestudium in der österreichischen Reichshälfte ab. 103<br />
Emanzipation und einem neuen Berufsbild, in: ÖAZ, Nr. 23 (1999), 1083.<br />
102 Vgl. Otto Nowotny, Zur Geschichte der pharmazeutischen Schule in Wien, in: ÖAZ, Nr. 31/32 (1976), 634f.<br />
103 Vgl. Elisabeth Fritsch, Wie die Pharmazie ein Frauenberuf wurde. Materialien zu den in Wien ausgebildeten und<br />
41