Wissenschaftliche Arbeit Mag. Fehringer_Langfassung.pdf
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werden, dass ab 1948 viele Amnestien proklamiert wurden, so z.B. 1948 die Jugend- und<br />
Minderbelastetenamnestie. Diese betraf rund neunzig Prozent aller registrierten<br />
NationalsozialistInnen. 1547 1949 kam es zur Aufhebung der Sühnefolgen für Minderbelastete<br />
und 1952 wurde ein umfangreiches Belastetenamnestiegesetz beschlossen. 1548<br />
Bis zum Jahr 1955 urteilten die Volksgerichte insgesamt 136.829 Fälle ab, 23.477 (17<br />
Prozent) davon mit Urteil. 1549 58 Prozent der Volksgerichtsprozesse lauteten auf schuldig<br />
und 42 Prozent auf nicht schuldig. Von insgesamt 43 Todesurteilen kam es bei 30 zur<br />
Vollstreckung, zwei Verurteilte begingen Suizid. Ein Verfahren wurde wieder aufgenommen<br />
und endete mit einem Freispruch, und in zehn Fällen kam es zur Umwandlung<br />
der Todesstrafen in zeitlich begrenzte Freiheitsstrafen. Sechs der insgesamt 34 lebenslangen<br />
Strafen wandelten die Volksgerichte zu geringeren Freiheitsstrafen um. 61 Prozent<br />
der Freiheitsstrafen hatte ein Ausmaß von ein bis sechs Jahren.<br />
In der Spruchpraxis der Volksgerichte können zwei verschiedene Perioden ausgemacht<br />
werden, die sich sowohl in der Quantität der Prozesse als auch in der Höhe der<br />
verhängten Strafen unterscheiden. In den Jahren 1945 bis 1947 wurden 75 Prozent aller<br />
Anzeigen behandelt und auch die meisten Todesstrafen verhängt. Ab 1948 war die Zahl<br />
der Freisprüche um ein Vielfaches höher als die Urteile, die Höhe der Strafen nahm mit<br />
zunehmender zeitlicher Entfernung vn Krieg und der NS-Zeit ab. 1550<br />
Die Minderbelasteten-Amnestie 1948 war der erste große Schritt hin zur Beendigung der<br />
Entnazifizierung. 1551 Gleichzeitig gab es seitens der österreichischen Regierung<br />
Bemühungen, die Volksgerichte abzuschaffen und in Zukunft die Prozesse mit<br />
Geschworenengerichten zu verhandeln. SPÖ und ÖVP vertraten die Meinung, dass die<br />
Volksgerichte ihre ursprüngliche Aufgabe, nämlich die Verfolgung von Kriegsverbrechen<br />
und die Entnazifizierung, nun erfüllt hätten, und es bei der Einsetzung der Volksgerichte<br />
versäumt worden war, eine zeitliche Begrenzung für diese festzulegen. Daher reichte die<br />
Regierung einen Gesetzesentwurf zur Abschaffung der Volksgerichte ein, der jedoch vom<br />
den Alliierten am 15. Dezember 1950 abgelehnt wurde. Am 20. Dezember 1955 kam es<br />
schließlich zur Abschaffung der Volksgerichte durch ein Verfassungsgesetz. 1552 Alle<br />
1547 Vgl. Albert Sternfeld, Betrifft Österreich. Von Österreich betroffen, Wien, Köln u. Weimar 2001, 88.<br />
1548 Vgl. ebd., 89.<br />
1549 Eine genaue Auflistung der Volksgerichtstätigkeit und des Ausmaßes der verhängten Strafen findet sich bei Stiefel,<br />
Entnazifizierung, 255f.<br />
1550 Vgl. ebd., 257.<br />
1551 Vgl. ebd., 258.<br />
1552 Vgl. Kuretsidis-Haider u. Garscha, Volksgericht Linz, 1472.<br />
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