Wissenschaftliche Arbeit Mag. Fehringer_Langfassung.pdf
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Pharmazeutische Gehaltskasse für Österreich vorerst kaum Auswirkungen. Nach und<br />
nach häuften sich allerdings Anschuldigungen, in denen den führenden VertreterInnen der<br />
Standesorganisationen und der Pharmazeutischen Gehaltskasse fehlende Unterstützung<br />
für die Vaterländische Front und den Ständestaat vorgeworfen wurde. So kam es laut<br />
einem Artikel in der Wiener Zeitung vom 9. Juli 1933 bei der Hauptversammlung des<br />
Wiener Apothekergremiums zu einem Eklat, als Apotheker Dr. Arnold Ludwig Stumpf den<br />
Vorstand aufforderte, sich geschlossen hinter die Regierung Dollfuß zu stellen und sich zur<br />
Vaterländischen Front zu bekennen, um diese in den schwierigen Zeiten zu unterstützen.<br />
Der Vorsitzende des Apothekergremiums <strong>Mag</strong>. Gustav Hummer wertete diese Aufforderung<br />
als politische Demonstration, entzog Dr. Stumpf das Wort und schloss danach<br />
die Hauptversammlung vorzeitig. In diesem Artikel wurde weiters erwähnt, dass sich im<br />
Laufe des Frühjahres 1933 vierzig ApothekerInnen – unter ihnen zwei Beamte der von<br />
<strong>Mag</strong>. Hummer geleiteten Versicherungsanstalt, <strong>Mag</strong>. Walter Rentmeister und Oskar Teufel<br />
– dem sich zur aufgelösten NSDAP bekennenden Ärztebund angeschlossen hatten. Der<br />
Redakteur wies weiters darauf hin, dass das „Laimgrubenhaus“, in welchem damals die<br />
Versicherungsanstalt und die Pharmazeutische Gehaltskasse untergebracht waren, in<br />
Branchenkreisen als das „Braune Haus“ bekannt sei. Der unserer Einschätzung nach nicht<br />
unberechtigte Hinweis auf nationalsozialistische SympathisantInnen innerhalb des<br />
Apothekergremiums und der Pharmazeutischen Standesinstitute sowie die Anschuldigung<br />
mangelnder Unterstützung der Vaterländischen Front bargen eine gewisse Gefahr in sich.<br />
Der Vorstand des Apothekergremiums und <strong>Mag</strong>. Hummer sahen sich daher veranlasst,<br />
eine Gegenschrift über die Geschehnisse bei der Vorstandssitzung zu verfassen, in der sie<br />
Dr. Stumpf als Querulanten darstellten, um obigen Anschuldigungen die Spitze zu<br />
nehmen. 152<br />
Erst im Dezember 1933 beziehungsweise im Jänner 1934 mussten auch die<br />
pharmazeutischen Standesvertretungen auf die vom austrofaschistischen Staat<br />
gewünschten und geforderten ständestaatlichen Gesellschaftsreformen reagieren. In<br />
einem Brief vom 19. Jänner 1934 wurde das Bundesministerium für soziale Verwaltung<br />
über einen Beschluss der VertreterInnen der Gesamtheit des österreichischen Apothekerstandes<br />
vom 27. Dezember 1933 informiert, in der der österreichische Apothekerstand<br />
„ein feierliches Bekenntnis zum Ständegedanken ablegt und in diesem Sinne eine<br />
Zusammenlegung der gesetzlichen Vertretungskörper (Gremien und Ausschüsse)<br />
152 ÖStA, AdR, BMfsV, Kt. 2089, 58477-33, Wiener Zeitung vom 09.07.1933.<br />
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