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Wissenschaftliche Arbeit Mag. Fehringer_Langfassung.pdf

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dienten, den Umsatz des Jahres 1937 zu ermitteln und eventuelle Passiva der Betriebe<br />

festzustellen. Mit den Betriebsüberprüfungen wurde von der Vermögensverkehrsstelle die<br />

Deutsche Wirtschaftsprüfungs- und Treuhand Ges.m.b.H. beauftragt. Mit den ermittelten<br />

Kenngrößen wurde später der Kaufpreis der zu ‚arisierenden‘ Apotheke festgelegt.<br />

Die Kaufpreise, die SA-Sturmbannführer <strong>Mag</strong>. Edwin Renner für die jüdischen Apotheken<br />

bestimmte, errechneten sich alle nach dem gleichen Schema: Vom Umsatz des Jahres<br />

1937 wurden mit der Begründung, dass die Arzneimittelpreise durch den ‚Anschluß‘<br />

gesunken wären, dreißig Prozent pauschal abgezogen, die Summe ergab den offiziellen<br />

Kaufpreis. 228 Sechzig Prozent dieses Kaufpreises waren von den KäuferInnen als<br />

‚Arisierungsauflage‘ an die Vermögensverkehrsstelle zu überweisen, die somit Hauptnutznießerin<br />

der ‚Arisierungen‘ wurde. Um den oft nicht sehr finanzkräftigen ‚AriseurInnen‘ den<br />

Erwerb der vormals jüdischen Unternehmungen zu erleichtern, wurde die Begleichung der<br />

‚Arisierungsauflage‘ auf zehn Jahre gestundet 229 und konnte somit leicht aus den<br />

laufenden Erträgnissen der ‚arisierten‘ Unternehmungen beglichen werden. Vierzig<br />

Prozent des von der Vermögensverkehrstelle festgesetzten Kaufpreises erhielten nach<br />

Abzug etwaiger Außenstände die zum Verkauf genötigten BesitzerInnen; das Geld war auf<br />

ein Sperrkonto zu überweisen. 230 Die Verfügung über dieses Sperrkonto von Seiten der<br />

ehemaligen BesitzerInnen – um zum Beispiel die ‚Judenvermögensabgabe‘ oder die<br />

‚Reichsfluchtsteuer‘ zu begleichen – war an eine entsprechende Genehmigung der<br />

Vermögensverkehrsstelle gebunden.<br />

Wurde der Verkehrswert einer Apotheke vor 1938 mit bis zu 150 Prozent des zuletzt<br />

erzielten Jahresumsatzes angenommen, 231 so sank er dank dieser Vorgangsweise auf 28<br />

Prozent des Vorjahresumsatzes. Die so Geschädigten wurden auf diese Weise nicht nur<br />

um einen beträchtlichen Teil ihres Vermögens gebracht, sondern stießen bei dem<br />

verständlichen Wunsch, das Land zu verlassen, auf zusätzliche bürokratische<br />

Hindernisse. Die ‚Reichsfluchtsteuer‘ und später auch die so genannte ‚Judenvermögensabgabe‘<br />

– eingeführt als antijüdische Strafsteuer nach dem Pogrom vom 10. November<br />

1938 – wurden nach den Wertangaben in den Vermögensanmeldungen, deren Grundlage<br />

die Bilanz von 1937 war, und nicht nach den erzielten Verkaufspreisen für die Betriebe<br />

228 Vgl. ebd.; ÖStA, AdR 04, Bürckel-Materie, Kt. 91, 2160/14/1, Aktennotiz vom 12.09.1938.<br />

229 Vgl. ÖAZ, Bewertung, 50.<br />

230 Vgl. Renner, Arisierung, 327; ÖStA, AdR 04, Bürckel-Materie, Kt. 91, AZ 2160/14/1.<br />

231 Vgl. ÖAZ, Bewertung, 49.<br />

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