Internationale Katastophenhilfe - repOSitorium - Universität Osnabrück
Internationale Katastophenhilfe - repOSitorium - Universität Osnabrück
Internationale Katastophenhilfe - repOSitorium - Universität Osnabrück
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
196<br />
Hierfür spricht auch die Feststellung, dass der überwiegende Anteil bilateraler<br />
Hilfsabkommen in Europa und Nordamerika zu finden ist 654 . Dieser Anteil der<br />
europäischen Staaten hat sich demnach auch bereits in Verträgen bilateral zur<br />
Hilfeleistung verpflichtet und will sich derartige Pflichten auferlegen.<br />
Inhaltlich darf diese Verpflichtung jedoch nur soweit bestehen, wie es die<br />
Ressourcen des helfenden Staates dies zulassen. Kein Staat kann zu einer<br />
unmöglichen oder sich selbst schädigenden Hilfeleistung verpflichtet sein.<br />
Aufgrund der regional teilweise sehr hohen Vertragsdichte und der erheblichen<br />
Gefahren ("ultra hazardous activities") soll der Bereich des internationalen<br />
Nuklearrechts noch gesondert betrachtet werden. Beachtlich ist nämlich, dass<br />
bereits geraume Zeit vor dem Unfall von Tschernobyl auf mögliche rechtliche<br />
Probleme hingewiesen und in diesem Zusammenhang die in Rede stehende<br />
rechtliche Verpflichtung in bestimmten Fallkonstellationen erwogen wurde 655 .<br />
Unter Heranziehung der im sog. "Trail Smelter" Fall entwickelten Prinzipien<br />
wies Pelzer bereits 1972 daraufhin, dass es jedenfalls zu verurteilen sei, wenn<br />
ein Staat im Fall einer radioaktiven Katastrophe im Nachbarstaat nur ruhig<br />
zusieht ohne seine Hilfe anzubieten, insbesondere wenn er darum gebeten<br />
wurde. Eine mögliche Verpflichtung zur Unterstützung sah Pelzer im<br />
Zusammenhang mit einem bestimmten vorangegangenem Tun, das zur<br />
Hilfeleistung verpflichten kann; nämlich beispielsweise dann, wenn ein Staat A<br />
dem Entwicklungsland B einen Reaktor in dem Bewusstsein liefert, dass dieser<br />
nicht über das notwendige ausgebildete Personal verfügt. Derartige<br />
Verpflichtungen - wie z.B. etwa aus Ingerenz - sind bereits eingangs dieses<br />
Kapitels untersucht worden. Daran anknüpfend steht nach Handl 656 fest, dass<br />
der beeinträchtigte Staat im Katastrophenfall kraft Völkergewohnheitsrecht,<br />
Anspruch auf Hilfeleistung durch den Anlagestaat - also des die Gefahr<br />
verursachenden - hat, wenn Schädigungen nicht anders zu verhindern oder<br />
mindern sind.<br />
Grundsätzlich wurde jedoch festgestellt, dass noch keine<br />
gewohnheitsrechtliche Pflicht ersichtlich ist, die einen Staat zur Hilfeleistung<br />
verpflichtet 657 . Wie bereits oben dargestellt, dürfte jedoch zumindest im Falle<br />
einer konkreten Anfrage regional begrenzt inzwischen eine<br />
gewohnheitsrechtliche Hilfeleistungsverpflichtung bestehen, die sich im<br />
654 Siehe Teil D. IV.<br />
655 Siehe Pelzer, N., a.a.O., S. 460 ff. unter Hinweis auf die "Trail Smelter" Entscheidung.<br />
656 Handl, G., Grenzüberschreitendes nukleares Risiko und völkerrechtlicher<br />
Schutzanspruch, 1992, S. 116.<br />
657 So i. E. auch schon MacAlister-Smith, International Humanitarian Assistance, S. 52 ff.