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Schweizer Prüfungsstandards (PS) - Ausgabe 2010 - Finanzkontrolle

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PE 800-1 Prüfungen nach Fusionsgesetz<br />

77 Im Zusammenhang mit der so genannten Sanierungsfusion stellen sich verschiedene<br />

Fragen im Bereich des Gläubiger- und Gesellschafterschutzes. Fragen zum Gläubigerschutz<br />

beschäftigen den Revisor im Rahmen der Bestätigung gemäss Art. 6 Abs. 2<br />

FusG, Fragen zum Gesellschafterschutz im Zusammenhang mit der Prüfung gemäss<br />

Art. 15 Abs. 4 FusG.<br />

4.8.2 Gläubigerschutz gemäss Art. 6 FusG<br />

Beteiligte Gesellschaften<br />

78 Es spielt keine Rolle, welche der beteiligten Gesellschaft einen Kapitalverlust oder die<br />

Überschuldung aufweist. Dies kann sowohl die übernehmende wie auch die übertragende<br />

Gesellschaft sein. Mindestens eine beteiligte Gesellschaft muss über eine<br />

gesunde Kapitalbasis verfügen, das heisst über frei verwendbares Eigenkapital im<br />

Umfang der Überschuldung und Unterdeckung der anderen beteiligten Gesellschaft(en).<br />

Alternativ zum frei verwendbaren Eigenkapital erwähnt Art. 6 FusG das Vorliegen von<br />

Rangrücktritten. Liegen Rangrücktritte in genügendem Umfang vor, können alle der<br />

involvierten Gesellschaften überschuldet sein. Die Frage, ob sich die Höhe der Überschuldung<br />

nach Fortführungs- oder Liquidationswerten bestimmt, hängt davon ab, ob<br />

und wie das Unternehmen nach erfolgter Fusion weitergeführt wird.<br />

Begriffe Überschuldung, Kapitalverlust und frei verfügbares Eigenkapital<br />

79 Der Begriff "Überschuldung" wird für alle Gesellschaftsformen gleich verstanden. Eine<br />

Gesellschaft ist überschuldet, wenn das gesamte Fremdkapital (bestehend aus Schulden,<br />

Rückstellungen und passiven Rechnungsabgrenzungsposten) die Aktiven übersteigt.<br />

Der Betrag der Überschuldung entspricht demnach der Differenz zwischen Aktiven und<br />

Fremdkapital (Nettopassivenüberschuss).<br />

80 Gewisse Schwierigkeiten bietet hingegen der Begriff "Kapitalverlust", weil das Gesetz<br />

verschiedene Begriffe verwendet. In der Marginalie zu Art. 6 FusG ist von<br />

"Kapitalverlust" die Rede, in Abs. 1 hingegen von einer "Gesellschaft, deren Aktien-,<br />

Stamm- oder Genossenschaftskapital und deren gesetzliche Reserven zur Hälfte nicht<br />

mehr gedeckt sind". Weil das Obligationenrecht den Begriff "Kapitalverlust" jeweils<br />

anderes definiert für die Aktiengesellschaft und die Genossenschaft 6 , gehen die<br />

Meinungen darüber auseinander, wie die gesetzlichen Reserven zu behandeln sind. Im<br />

Detail:<br />

� Bei der Aktiengesellschaft liegt ein Kapitalverlust vor, wenn der bilanzierte Verlustsaldo<br />

die Hälfte des nominellen Grundkapitals (Aktienkapital und Partizipationskapital)<br />

und der gesetzlichen Reserven übersteigt; die Differenz entspricht dem<br />

Betrag der Unterdeckung. Die gesetzlichen Reserven umfassen jene Reserven, die<br />

einer Ausschüttungssperre unterliegen, das heisst die allgemeinen Reserven gemäss<br />

Art. 671 OR soweit sie durch die Generalversammlung nicht den freien Reserven<br />

zugeordnet wurden, die Reserven für eigene Aktien (Art. 671a OR), die Aufwertungsreserven<br />

(Art. 671b OR) sowie etwaige statutarisch gebundene Sonderreserven<br />

(vergleiche <strong>PS</strong> 290 Pflichten der Revisionsstelle bei Kapitalverlust und Überschuldung).<br />

� Bei der Genossenschaft mit Anteilsscheinen liegt gemäss Art. 903 Abs. 3 OR ein<br />

Kapitalverlust vor, wenn die Hälfte des Genossenschaftskapitals nicht mehr gedeckt<br />

ist 7 . Das Obligationenrecht berücksichtigt damit bei Genossenschaften die gesetzlichen<br />

Reserven nicht. Uneinigkeit herrscht in der Lehre darüber, ob auf den Begriff<br />

6 Bis zum Inkrafttreten der Änderungen der Regelungen über die Gesellschaft mit beschränkter Haftung<br />

(GmbH) anders auch Art. 817 Abs. 1 OR für die GmbH.<br />

7 Dies gilt bis zum Inkraftttreten der Änderungen der Regelungen über die Gesellschaft mit beschränkter<br />

Haftung (GmbH) gemäss Art. 817 Abs. 1 OR auch für die GmbH. Nach Inkrafttreten der Revision verweist<br />

Art. 820 Abs. 1 OR bezüglich Anzeigepflicht bei Kapitalverlust und Überschuldung auf das Aktienrecht.<br />

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