Nachhaltiges Bauen - Hessen-Umwelttech
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Studie nachhaltiges <strong>Bauen</strong> / Teil 2 Potenziale<br />
Beispiel ist der Prozess der Schaffung rechtlicher Regelungen zur Verringerung der Emis-<br />
sionen von Formaldehyd aus Spanplatten und Sperrholz mit Aminoplasten als Bindemit-<br />
tel, wie Harnstoff-Formaldehyd-Harze (UF-Harze) und Melamin-Formaldehyd-Harze (MF-<br />
Harze).<br />
• 1977 gab das Bundesgesundheitsamt die Empfehlung, eine Emission von 0,1 ppm<br />
(0,12 mg/m³) Formaldehyd als Richtwert nicht zu überschreiten;<br />
• 1980 wurde die Emission aus unbeschichteten Spanplatten für den Baubereich<br />
durch die „ETB Richtlinie über die Verwendung von Spanplatten hinsichtlich der<br />
Vermeidung unzumutbarer Formaldehydkonzentrationen in der Raumluft“ („Spanplatten-Richtlinie“)<br />
auf 0,1 ppm begrenzt;<br />
• 1986 wurde durch die Gefahrstoffverordnung das Inverkehrbringen von Holzwerkstoffen,<br />
die mehr als 0,1 ppm emittieren verboten;<br />
• 1994 wurde die „Richtlinie über die Klassifizierung und Überwachung von Holzwerkstoffplatten<br />
bezüglich der Formaldehydabgabe“ (DIBt-Richtlinie 100) bauaufsichtlich<br />
eingeführt, mit der die Formaldehyd-Emission von Holzwerkstoffplatten<br />
auf 0,1 ppm begrenzt wurde;<br />
• 2004 schließlich wurde die Formaldehydemission für die Zulassung aller relevanten<br />
Bauprodukte durch das Deutsche Institut für Bautechnik DIBt auf 0,1 ppm<br />
begrenzt.<br />
Diese exemplarische Abfolge von ersten wissenschaftlichen Erkenntnissen über gesundheitsschädigende<br />
Wirkungen von Baustoffen bzw. Inhaltsstoffen von Bauprodukten, über<br />
Empfehlungen und schließlich zu verbindlichen Regelungen zur Begrenzung des Risikos<br />
parallel zur Entwicklung technischer Alternativen lässt sich auch bei den anderen genannten<br />
problematischen Baustoffen nachvollziehen.<br />
Es liegt in der Natur der Sache, dass die Entwicklung neuer Produkte mit neuen chemischen<br />
Zubereitungen und Inhaltsstoffen und damit auch mit neuen Risiken für die Gesundheit<br />
verbunden sein kann. Eine abschließende Beurteilung des Angebots an Bauprodukten<br />
kann es daher nicht geben; weiterhin wird auf Inhaltsstoffe mit problematischen<br />
Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit zu achten sein.<br />
2.4.2 Strategien für nachhaltiges <strong>Bauen</strong><br />
Grundsätze und Prioritäten bei der Auswahl von Bauprodukten<br />
Die Auswahl von Baustoffen folgt herkömmlich nach den technischen, funktionalen und<br />
gestalterischen Anforderungen, die sie zu erfüllen haben, und das schon seit Vitruv<br />
(1.Jhd.v.Chr.) 14 , der in firmitas, utilitas und venustas, Festigkeit, Zweckmäßigkeit und<br />
Anmut, die wesentlichen Kriterien für den Entwurf von Gebäuden erkannte. Hinzu kam<br />
schon immer der ökonomische Aspekt, dass Baustoffe nach ihrem Preis ausgesucht werden,<br />
damit wirtschaftlich gebaut werden kann. Bauprodukte, die dem Anspruch der<br />
Nachhaltigkeit genügen sollen, müssen weiterhin über ihren gesamten Lebenszyklus für<br />
die menschliche Gesundheit unbedenklich sein und dürfen die Umwelt nicht dauerhaft<br />
und irreversibel belasten.<br />
14 Vitruv »De architectura libri decem« (Zehn Bücher über die Architektur)<br />
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