Menschenbilder - Jochen Fahrenberg
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138 <strong>Menschenbilder</strong>: Psychologische, biologische, interkulturelle und religiöse Ansichten ( J. <strong>Fahrenberg</strong>, 2007)<br />
Aberglauben<br />
Die Unterscheidung zwischen Glauben und Aberglauben, zwischen Offenbarungsglauben und philosophischem<br />
Glauben ist eine sehr schwierige und heikle Angelegenheit. Nach welchen Maßstäben soll<br />
dies geschehen? Glauben wird als das Für-wahr-halten einer Auffassung aus tiefster persönlicher<br />
Überzeugung, mit innerer Gewissheit und Gültigkeit verstanden – aber ohne objektives, allgemeines,<br />
d.h. von jedem nachprüfbares Wissen als Erkenntnisgrundlage. Die Abgrenzung des Aberglaubens<br />
(Paraglaubens) muss in zweierlei Hinsicht, empirisch und theologisch, versucht werden. Dem Aberglauben<br />
fehlt nicht nur eine objektive Grundlage im Wissen, sondern er widerspricht entschieden dem –<br />
relativ gesicherten – gegenwärtigen Stand wissenschaftlicher Erkenntnis. Wegen der grundsätzlichen<br />
Revisionsfähigkeit jeder empirischen Wissenschaft besteht hier ein Ermessensspielraum. Die theologische<br />
Abgrenzung bleibt fragwürdig, falls der Aberglauben nur als „Gegenglaube“ (als falscher Glaube<br />
der anderen), d.h. nur in Bezug auf den wahren Glauben, definiert wird.<br />
Wahrscheinlich werden hier viele Menschen einen uferlosen Relativismus befürchten und darauf<br />
beharren, dass es doch einen wesentlichen Unterschied zwischen abergläubischen Überzeugungen und<br />
wissenschaftlich prüfbaren Hypothesen sowie zwischen der Glaubenslehre einer Weltreligion und dem<br />
Aberglauben an Wahrsagerei, schwarze Magie und dergleichen geben muss. Andererseits sind der<br />
Glauben an Vorsehung und Wunder, Geister- und Dämonenglauben mit entsprechenden Ritualen oder<br />
volksreligiöse Formen der Beschwörung von Gesundheit und Glück ein Bestandteil vieler Religionen.<br />
Das Gebet der Gläubigen ist oft nicht nur Anbetung und Dank an ihren Schöpfer, sondern auch Bitte<br />
um Hilfe und Schutz vor einem befürchteten Ereignis, Krankheit usw. In diesem Sinn glauben viele<br />
Menschen, bereits die persönliche Hilfe Gottes erfahren zu haben. Eventuell soll das bedrohende<br />
Ereignis sogar durch das Herbeirufen von Engeln oder durch ein Wunder abgewendet werden. Falls<br />
damit mehr als einer nur subjektiv-psychologischen Wirkung gemeint ist, d.h. ein zeitweiliges und<br />
spezielles Außer-Kraft-Setzen der Naturgesetze, wären solche Gebetserhörungen mit dem naturwissenschaftlichen<br />
Weltbild nicht vereinbar.<br />
Religion im Spiegel der Umfragen und der Statistik<br />
Statistik der Weltreligionen<br />
Wie viele Menschen den großen Religionsgemeinschaften angehören, kann nur grob geschätzt werden,<br />
da diese Gemeinschaften oft kaum organisiert sind oder über die Mitgliedschaft keine Register<br />
geführt werden. Eine Statistik nennt (in Millionen) Muslime 1.313, Katholiken 1.118, Mitglieder anderer<br />
christlicher Kirchen 1103, Hinduismus 870, traditionelle chinesische Religionen 404, Buddhismus<br />
378, verschiedene Ethnoreligionen 256, Neu-Religiöse 108, Sikhs 25, Juden 15. Von den 6.452<br />
Millionen Menschen der Weltbevölkerung werden 768 Millionen als Nicht-Religiöse und 151 Millionen<br />
als Atheisten bezeichnet. Die christlichen Bekenntnisse werden aufgeschlüsselt nach Römisch-<br />
Katholisch 1.118, Freikirchen 427, Protestanten 375, Orthodoxe 219, Anglikaner 79, Andere 34 Millionen,<br />
d.h. insgesamt 33 Prozent der Weltbevölkerung. Den 2.135 Millionen Christen stehen 4.317<br />
Millionen Nicht-Christen gegenüber. Trendschätzungen bis zum Jahr 2025 ergeben, dass die Anzahl<br />
der Muslime weltweit, ähnlich wie die der christlichen Freikirchen, durch Missionierung und Geburtenentwicklung<br />
deutlich schneller ansteigt als die Anzahl der Katholiken und der Protestanten. Die<br />
statistischen Angaben unterscheiden sich je nach verwendeter Quelle. Das Demographische Jahrbuch<br />
der UNO enthält genauere Daten aus allen Ländern, in denen es einen Bevölkerungszensus aus neuerer<br />
Zeit gibt. 7<br />
Religionszugehörigkeit in Deutschland<br />
Als Mitgliederzahlen werden angegeben bzw. geschätzt: Römisch-katholische Kirche 25,9 Millionen,<br />
Protestantismus in den Evangelischen Landeskirchen EKD 25,4 Millionen, Freikirchen (in 44 Gemeinschaften)<br />
1,2 Millionen, Orthodoxe (in 24 Gemeinschaften) 1,4 Millionen, Judentum (3 Gruppen)<br />
200.000, Islam (18 Gruppen) 3,3 Millionen, Hinduismus 100.000, Buddhismus 240.000, verschiedene<br />
Gemeinschaften und freireligiöse Gruppen (38 Gruppen) 150.000 Mitglieder (Stand 2005). – Prozentual<br />
ausgedrückt bedeutet dies: Römisch-Katholisch 31,0 %, Protestanten (EKD und Freikirchen) 30,8