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Menschenbilder - Jochen Fahrenberg

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52 <strong>Menschenbilder</strong>: Psychologische, biologische, interkulturelle und religiöse Ansichten ( J. <strong>Fahrenberg</strong>, 2007)<br />

neueren Philosophen, Soziologen oder anderer Humanwissenschaftler (die Werke weniger Pädagogen<br />

und Gesellschaftskritiker vielleicht ausgenommen).<br />

Die Überzeugungskraft eines Menschenbildes erscheint in der unmittelbaren Wirkung auf den<br />

Leser oder Hörer. Die Rückblicke anlässlich von Geburtsjahren oder Todestagen eignen sich zu solchen<br />

Betrachtungen der überdauernden Aktualität, z.B. im Jahr 2004 über Immanuel Kant und im Jahr<br />

2006 über Sigmund Freud. Um die Breitenwirkung zu erfassen, werden statistische Informationen<br />

benötigt. Es gibt verschiedene Zugänge, die Wirkung eines Autors oder eines Buches zu beschreiben.<br />

Ein möglicher Maßstab ist, wie oft eine Publikation von anderen Autoren zitiert wird. Die Datenbanken<br />

erfassen in dieser Hinsicht zwar die wissenschaftlichen Aufsätze, aber die Buchpublikationen nur<br />

unzureichend. In den USA wurden Professoren der Psychologie und Fachhistoriker gebeten, die überdauernde<br />

wissenschaftliche Bedeutung von Autoren zu bewerten. Bei diesen Einstufungen und bei<br />

Inhaltsanalysen von Lehrbüchern erreichten Freud und Skinner meistens vordere Plätze, in einigem<br />

Abstand von Rogers gefolgt. 1<br />

Angesichts des Theorien- und Methodenpluralismus der Psychologie zwischen Geistes-, Naturund<br />

Sozialwissenschaften ist anzunehmen, dass solche Rankings von den befragten Personengruppen,<br />

Nationalitäten, Jahrzehnten usw. abhängen. In Deutschland hätte Skinner wahrscheinlich nie einen der<br />

vorderen Rangplätze erhalten. Heute würde vielleicht in den USA die Bedeutung von Freud, Skinner<br />

und auch von Rogers geringer eingeschätzt werden, da gegenwärtig in den Kognitionswissenschaften<br />

und den Neurowissenschaften sowie in der heutigen Psychotherapie andere Themen und Autoren dominieren.<br />

Über diese Fachwelt hinaus wäre die eigentliche Breitenwirkung eines Autors wahrscheinlich am<br />

besten an der Anzahl der verkauften Exemplare seiner Bücher zu erkennen. Solche Zahlen über die<br />

Welt-Gesamtauflage eines Autors gibt es nicht in allgemein zugänglicher Form. Wenn die in Deutschland<br />

verfügbaren Daten über „Bestseller“ zugrunde gelegt werden, hatte Erich Fromm von den hier<br />

ausgewählten Autoren in den 1980er Jahren den größten Einfluss.<br />

Wie sich die heutigen Psychotherapeuten orientieren, ist unbekannt. Weder die Ausbildungseinrichtungen<br />

noch die Mitgliedschaft in bestimmten Fachverbänden können hier zuverlässige Hinweise<br />

geben. Vielleicht identifizieren sich diese Psychotherapeuten heute nicht mehr so deutlich mit einem<br />

Vorbild und einer bestimmten Richtung wie es früher häufig geschah. Es scheint gegenwärtig keine so<br />

dominierenden Bezugspersonen mehr zu geben wie jene in der Mitte des vergangenen Jahrhunderts.<br />

Gewiss werden viele Menschen weiterhin in dem einen oder anderen der geschilderten <strong>Menschenbilder</strong><br />

ihre Antworten auf die Frage finden, was der Mensch ist. Die Aufklärung der Menschen über ihre<br />

äußeren, familiären, gesellschaftlichen und ökonomischen Abhängigkeiten hat wahrscheinlich zugenommen,<br />

zumindest für Interessierte. Der Alltag, die Partnerschaft und Kindererziehung, ebenso wie<br />

die eigene Lebensplanung sind bei vielen stärker „psychologisiert“ und die ökonomischen und politischen<br />

Fragen stärker „soziologisiert“ als früher. Es gibt ein breites Interesse an der eigenen und an<br />

fremden Biographien, auch an Fragen nach dem Sinn des Lebens, und eine größere Bereitschaft, sich<br />

bei Lebensschwierigkeiten und bei psychischen Störungen beraten zu lassen oder eine Psychotherapie<br />

zu beginnen. Außerdem entwickeln sich neue Formen der Religiosität und Spiritualität.<br />

Erweiterung der Perspektiven<br />

In der Einleitung wurden kurz einige Themen und neue Forschungsrichtungen genannt, die das heutige<br />

Menschenbild wesentlich beeinflussen. Jede dieser Perspektiven wird in den folgenden Kapiteln erläutert:<br />

Å Die Psychologie und die Sozialwissenschaften haben sich im 20. Jahrhundert an den Universitäten<br />

und in den Anwendungsfeldern breit entwickelt. Gerade diese Disziplinen, z.B. die Persönlichkeitspsychologie,<br />

sollten in der Lage sein, wissenschaftliche Bausteine zu einer umfassenden<br />

Theorie des Menschen beizutragen.

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