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Menschenbilder - Jochen Fahrenberg

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145 <strong>Menschenbilder</strong>: Psychologische, biologische, interkulturelle und religiöse Ansichten ( J. <strong>Fahrenberg</strong>, 2007)<br />

Tode, Erfahrung der Hilfe Gottes in konkreten Situationen, Theismus, verbunden mit einer höheren<br />

Einstufung der Religiosität.<br />

Als Interpretation ergibt sich für die Studierenden der Psychologie zusammenfassend: Trotz der geringeren<br />

Bedeutung von Kirche und traditioneller Religiosität besteht, oft zweifelnd, mehrheitlich eine<br />

deistisch bis theistische Orientierung – bei ausgeprägtem Interesse an Sinnfragen und Spiritualität. Ein<br />

Drittel der Studierenden sind als Atheisten oder als Agnostiker anzusehen. – Welche Überzeugungen<br />

verhältnismäßig stabil bleiben und welche durch das Studium der Psychologie verändert werden,<br />

könnten weitere Untersuchungen aufzeigen.<br />

Aberglauben<br />

Zweifellos kann ein sehr ausgeprägter Aberglauben für das persönliche Menschenbild allergrößte Bedeutung<br />

erlangen, insbesondere wenn bestimmte Praktiken oder Abhängigkeiten sich zur überwertigen<br />

Idee und zu einem zentralen Lebensinhalt steigern. Neben dem einfachen Aberglauben, z.B. an<br />

Glücksbringer und harmlose „magische“ Prozeduren im Alltag, gibt es andere Überzeugungen, die als<br />

problematischer Aberglauben oder als psychopathologische Phänomene gelten können: okkultistische<br />

Kontakte mit Verstorbenen, Dämonenglauben bis zur Hexerei und Besessenheit durch den Teufel,<br />

Abwehrzauber gegen Bedrohungen, schwarze Magie zur Schädigung anderer Personen, individuelle<br />

Kontakte mit außerirdischen Wesen. Ein umstrittenes Grenzgebiet bilden die Astrologie und die Parapsychologie,<br />

d.h. die Lehre von Präkognition (Hellsehen), Telepathie (Gedankenübertragung), Psychokinese<br />

(psychische Fernwirkungen auf Dinge). Wegen völlig unzureichender Belege werden diese<br />

Auffassungen wahrscheinlich von einer großen Mehrheit der rational und methodenkritisch Denkenden<br />

als Aberglauben angesehen. Einzelne Wissenschaftler haben eine andere Einstellung und meinen,<br />

dass die Prüfung dieser Annahmen noch nicht hinreichend gründlich und methodisch adäquat durchgeführt<br />

wurde. (Kapitel 24).<br />

Eine Umfrage zum Glauben an paranormale Phänomene außerhalb der engeren christlichen<br />

Thematik ergab hohe Zustimmung (stimmt sicher bzw. stimmt wahrscheinlich): Glücksbringer bringen<br />

manchmal tatsächlich Glück (43 %); Das Sternzeichen bzw. das Geburtshoroskop eines Menschen<br />

hat einen Einfluss auf den Verlauf seines Lebens (41 %); Manche Wunderheiler verfügen wirklich<br />

über übernatürliche Kräfte (40 %); Es gibt Wahrsager, die die Zukunft wirklich vorhersehen können<br />

(32 %). In den ostdeutschen Ländern war die Skepsis deutlich größer, d.h. die Zustimmung lag zwischen<br />

etwa 10 bis 20 Prozent unter den genannten Werten. 22<br />

In den letzten Jahren scheint, durch spezielle Fernseh-Sender und andere Medien bedingt, die<br />

kommerzielle Nutzung des Aberglaubens stark zugenommen zu haben, vielleicht auch, weil die vorhandenen<br />

Gesprächs- und Beratungswünsche auf andere Weise nicht erfüllt werden können. Auf einer<br />

zentralen Webseite werden 268 Astrologen, 1396 Kartenleger und 809 Wahrsager genannt. Ein Hellseher<br />

will bereits 26.000 Gespräche geführt haben. Demnach sind Wahrsagerei und Horoskope in<br />

Deutschland gängige Praktiken. Die durch zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen seit Jahrzehnten<br />

gut begründete Ablehnung der Astrologie scheint bei großen Teilen der Bevölkerung keine nachhaltige<br />

Wirkung zu haben. Das Allensbacher Institut für Demoskopie hat seit dem Jahr 1957 regelmäßig<br />

die Frage gestellt „Lesen Sie manchmal in den Zeitungen oder Zeitschriften Ihr Horoskop?“ Im<br />

Jahr 1957 waren es 54 % und stetig zunehmend im Jahr 2001 bereits 78 %.<br />

Die bereits erwähnte ALLBUS-Umfrage 2002 unterschied genauer zwischen den Aussagen über<br />

die persönliche Erfahrung mit solchen Praktiken und der Bewertung. Mit Horoskopen und Wahrsagen<br />

haben bereits relativ viele Menschen Erfahrungen gemacht und noch deutlich mehr halten, auch ohne<br />

solche Erfahrungen, zumindest „etwas“ davon.<br />

Auf die Frage, ob sie das Wirken übernatürlicher Kräfte erfahren hätten, antworteten 7,9 % „sehr oft“<br />

oder „oft“, 44,3 % „manchmal“ oder „selten“ und 47,9 % „nie“. Horoskope u.a. Wahrsagungen sind in<br />

Deutschland weit verbreitete Praktiken, auch Wunderheiler, Magie und andere Formen des Spiritismus<br />

erreichen in der Bevölkerung eine erstaunliche Akzeptanz.

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