Menschenbilder - Jochen Fahrenberg
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167 <strong>Menschenbilder</strong>: Psychologische, biologische, interkulturelle und religiöse Ansichten ( J. <strong>Fahrenberg</strong>, 2007)<br />
Menschen, ihrem körperlichen oder geistigen Zustand, Leistungen oder sozialem Status. Die Menschenwürde<br />
ist – so das Bundesverfassungsgericht – oberster Grundwert und Wurzel aller Grundrechte.<br />
Als einzige Verfassungsnorm gilt die Menschenwürde absolut, kann also durch keine andere Norm<br />
– auch nicht durch ein Grundrecht – beschränkt werden. Eine Änderung des Grundgesetzes, die den<br />
Grundsatz der Menschenwürde aufgeben sollte, ist unzulässig.<br />
Die gängige verfassungsrechtliche Definition lautet „Jeder Mensch ist Mensch kraft seines Geistes,<br />
der ihn abhebt von der unpersönlichen Natur und ihn aus eigener Entscheidung dazu befähigt,<br />
seiner selbst bewusst zu werden, sich selbst zu bestimmen und sich und die Umwelt zu gestalten.“ (im<br />
Grundgesetzkommentar von Günter Dürig). Aus der Menschenwürde werden andere Grundwerte abgeleitet:<br />
Die Annahme sittlicher Autonomie des Menschen führt zum Recht eines jeden Menschen auf<br />
freie Entfaltung der Persönlichkeit: Der Einzelne darf nicht zum bloßen Objekt gemacht werden. Der<br />
Mensch ist Subjekt und darf nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes nicht zum bloßen<br />
Objekt eines Verfahrens gemacht werden. Zugleich ergeben sich aus der Menschenwürde Verbote,<br />
u.a. einer entwürdigenden Bestrafung, der Folter und der Todesstrafe. Die Menschenwürde umfasst<br />
außerdem den Anspruch auf prinzipielle Gleichheit aller Menschen trotz tatsächlicher Unterschiede<br />
und den Einsatz des Staates für das weltweite Prinzip der Menschenrechte.<br />
Aus der Würde des Menschen abgeleitete Grundrechte sind u.a.: Glaubensfreiheit, Gewissensfreiheit,<br />
Bekenntnisfreiheit, Meinungsfreiheit, Informationsfreiheit, Pressefreiheit, Freiheit von Kunst<br />
und Wissenschaft, Versammlungsfreiheit, Vereinigungsfreiheit, Koalitionsfreiheit, Freizügigkeit des<br />
Wohnortes, Berufsfreiheit, Verbot der Zwangsarbeit, Eigentum, Schutz vor Eingriffen des Staates in<br />
die Privatsphäre: Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis, Unverletzlichkeit der Wohnung, Gleichheit<br />
vor dem Gesetz, Gleichberechtigung von Mann und Frau, Diskriminierungsverbote hinsichtlich Geschlecht,<br />
Rasse, Religion, Gleichheit in Bezug auf soziale Rechte des Individuums oder sozialer Gruppen,<br />
Arbeit, Bildung, Lohn, gesamtgesellschaftlich und international Frieden, Entwicklung, Nahrung,<br />
Erhaltung der natürlichen Ressourcen, Natur- und Umweltschutz. – Aus dieser Aufzählung von<br />
Grundrechten und den einschlägigen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts mit den zugehörigen<br />
Kommentaren hat sich das „Menschenbild des Grundgesetzes“ herausgebildet. 6<br />
Die weltbürgerliche Perspektive: Charta der UNO<br />
Die Präambel der 1948 beschlossenen Charta der Vereinten Nationen beginnt: „WIR, DIE VÖLKER<br />
DER VEREINTEN NATIONEN - FEST ENTSCHLOSSEN, künftige Geschlechter vor der Geißel des<br />
Krieges zu bewahren, die zweimal zu unseren Lebzeiten unsagbares Leid über die Menschheit gebracht<br />
hat, unseren Glauben an die Grundrechte des Menschen, an Würde und Wert der menschlichen<br />
Persönlichkeit, an die Gleichberechtigung von Mann und Frau sowie von allen Nationen, ob groß<br />
oder klein, erneut zu bekräftigen, Bedingungen zu schaffen, unter denen Gerechtigkeit und die Achtung<br />
vor den Verpflichtungen aus Verträgen und anderen Quellen des Völkerrechts gewahrt werden<br />
können, den sozialen Fortschritt und einen besseren Lebensstandard in größerer Freiheit zu fördern<br />
...“<br />
Die Vereinten Nationen setzen sich viele Ziele, darunter in Artikel 1 (3): „eine internationale Zusammenarbeit<br />
herbeizuführen, um internationale Probleme wirtschaftlicher, sozialer, kultureller und humanitärer<br />
Art zu lösen und die Achtung vor den Menschenrechten und Grundfreiheiten für alle ohne<br />
Unterschied der Rasse, des Geschlechts, der Sprache oder der Religion zu fördern und zu festigen“. 7<br />
Universal Declaration of Human Rights<br />
Eine der größten Errungenschaften der Vereinten Nationen ist die Deklaration der allgemeinen Menschenrechte.<br />
Zum ersten Mal in der Geschichte gibt es dafür einen universellen und international geschützten<br />
Code. Die Weltorganisation definierte ein breites Spektrum an international anerkannten<br />
Rechten – einschließlich wirtschaftlicher, sozialer, kultureller, politischer und ziviler Rechte. Sie richtete<br />
ferner Mechanismen ein, um diese Rechte zu fördern und zu schützen und unterstützt die Regierungen<br />
bei der Ausübung ihrer Pflichten. 8 Die Erklärung konnte von einzelnen Staaten angenommen<br />
werden oder nicht. Eigentlich ist sie im völkerrechtlichen Sinn nicht verbindlich, doch gibt es die Auffassung,<br />
dass inzwischen ein Völker-Gewohnheitsrecht entstanden ist. Im Jahr 1948 stimmten 48 Staaten<br />
der UNO bei 8 Enthaltungen durch die Staaten der Sowjetunion, Saudi-Arabien und Südafrika für<br />
die Charta. Das anschließend entstandene Abkommen über die bürgerlichen und politischen Rechte