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Menschenbilder - Jochen Fahrenberg

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67 <strong>Menschenbilder</strong>: Psychologische, biologische, interkulturelle und religiöse Ansichten ( J. <strong>Fahrenberg</strong>, 2007)<br />

Persönlichkeitseigenschaften, soziale Einstellungen und Wertorientierungen. Die Umfragen lassen die<br />

Vielfalt der Überzeugungen und typische Muster erkennen. außerdem geben sie Hinweise, welche<br />

Überzeugungen in der Bevölkerung relativ konstant ausgeprägt bleiben und welche sich deutlich verändern,<br />

z.B. zur Religion. Solche Untersuchungsergebnisse könnten, falls sie in den Massenmedien<br />

zitiert und kommentiert werden, ihrerseits Rückwirkungen auf andere Menschen haben, d.h. vielleicht<br />

zur Aufklärung und zur größeren Toleranz beitragen.<br />

Die „verborgenen anthropologischen Voraussetzungen“ der Lehrbuchautoren u.a. Fachpsychologen<br />

können zumindest ansatzweise mit den Methoden der psychologischen Text- und Inhaltsanalyse<br />

erschlossen werden. Die zugrunde liegenden Annahmen über den Menschen sind indirekt anhand der<br />

dominierenden und der vernachlässigten oder der völlig ausgeklammerten Themen zu erkennen. Auch<br />

die Einführungstexte für Studienanfänger eignen sich für solche Untersuchungen. Schließlich sind<br />

zwei, ebenfalls noch zu wenig behandelte Aufgaben zu nennen: Wie lauten die typischen Grundüberzeugungen<br />

der Psychologinnen/Psychologen, auch im Vergleich zu anderen Berufsgruppen? Welche<br />

Konsequenzen könnten diese <strong>Menschenbilder</strong> für die Forschung und die Berufspraxis haben?<br />

Zusammenfassung<br />

Das Menschenbild ist die Gesamtheit der Annahmen und Überzeugungen, was der Mensch von Natur<br />

aus ist, wie er in seinem sozialen und materiellen Umfeld lebt und welche Werte und Ziele sein Leben<br />

hat bzw. haben sollte. Es umfasst das Selbstbild und das Bild von anderen Personen oder von den<br />

Menschen im Allgemeinen. Dieses Menschenbild wird von jedem Einzelnen entwickelt, enthält jedoch<br />

vieles, was auch für die Auffassungen anderer Personen oder größerer Gruppen und Gemeinschaften<br />

typisch ist. Es enthält Traditionen der Kultur und Gesellschaft, Wertorientierungen und Antworten<br />

auf Grundfragen des Lebens. Viele der Ansichten werden sich wahrscheinlich auf einige fundamentale<br />

Überzeugungen zurückführen lassen. Diese Überzeugungen unterscheiden sich von anderen<br />

Einstellungen durch ihre systematische Bedeutung, gedanklich den Grund zu legen und durch ihre<br />

persönlich empfundene Gültigkeit, durch ihre Gewissheit und Wichtigkeit. Die Annahmen und Überzeugungen<br />

haben viele und unterschiedliche Inhalte und bilden ein individuelles Muster mit Kernthemen<br />

und Randthemen.<br />

Das Menschenbild ist eine „persönliche Theorie“. Demgegenüber sind fachwissenschaftliche Theorien<br />

der Persönlichkeit, der Einstellungen, Wertorientierungen und Überzeugungen in der Regel sehr viel<br />

differenzierter, begrifflich ausgearbeitet, formal strukturiert und z.T. empirisch überprüft. Zwischen<br />

den individuellen <strong>Menschenbilder</strong>n und den psychologischen Persönlichkeits- und Motivationstheorien<br />

bestehen also formale Unterschiede, und die Konstruktionen haben verschiedene Absichten:<br />

Orientierung des Einzelnen bzw. systematisches Wissen.<br />

Die differentielle Psychologie der <strong>Menschenbilder</strong> erfordert mehr empirische Untersuchungen und die<br />

Reflexion der möglichen Konsequenzen solcher Vorentscheidungen für die Forschung und die Praxis<br />

der Psychologen, Psychotherapeuten und anderer Berufe.

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