Menschenbilder - Jochen Fahrenberg
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215 <strong>Menschenbilder</strong>: Psychologische, biologische, interkulturelle und religiöse Ansichten ( J. <strong>Fahrenberg</strong>, 2007)<br />
des Einzelnen und Jesus als Retter und Erlöser ermöglichen das ewige Heil, wobei die bevorstehende<br />
Wiederkunft Christi eine zentrale Überzeugung ist. Beim Jüngsten Gericht werden nur die wahren<br />
Christen von den Qualen der ewigen Hölle verschont bleiben und das ewige Leben finden. Fundamentalistische,<br />
offensive und fanatische Gruppen wie die „Jesus Revolution Army“ beeindrucken durch<br />
die öffentlichen Bekehrungen, den Glauben an die Besessenheit vom Teufel, der durch Jesus auszutreiben<br />
ist, durch Drohungen mit Hölle und Verdammnis. In den extremen Strömungen wird das biblische<br />
Gesetz über die menschliche Rechtsordnung und die amerikanische Verfassung gestellt, es werden<br />
dogmatische Missionare ausgebildet und sogar „Jesus-Camps“ mit militärischem Drill potenzieller<br />
Kämpfer eingerichtet. 14 Gelegentliche Umfragen sprechen dafür, dass solche fundamentalistischen<br />
Einstellungen in der amerikanischen Bevölkerung sehr verbreitet sind. Trotzdem dürfen solche fundamentalistischen<br />
Züge nicht undifferenziert allen Evangelikalen zugeschrieben werden. Es gibt in<br />
den USA etwa 30 Millionen, auch Martin Luther King und fast alle der amerikanischen Präsidenten<br />
neuerer Zeit gehörten dazu.<br />
Zeitungsmeldungen zufolge haben die christlichen Kirchen rund 50.000 Missionare im Zentrum<br />
und Süden Afrikas, während der Islam im Norden und Westen dominiert. Beide Religionen scheinen<br />
etwa gleich viele Anhänger zu haben. Ihre Missionsbewegungen stehen einerseits in scharfer Konkurrenz<br />
zueinander, wenden sich andererseits mit ähnlichen Argumenten gegen die einheimische (autochtone)<br />
Glaubenswelt der Naturreligionen. In den naturreligiösen, animistischen und pantheistischen<br />
Überzeugungen lebt auch der Glauben an traditionelle Wahrsager, geistige Heiler und okkulte Mächte<br />
fort. Dazu gehören magische Praktiken und Schutzformeln. Es wäre sicher falsch, überheblich auf<br />
diese Glaubenswelt zu blicken, denn in der christlichen Volksreligion sind Entsprechungen zu finden,<br />
und auch der katholische Katechismus beschreibt Engel, Dämonen und Exorzismen.<br />
Aus Südafrika, Kenia und dem Kongo wird ein anscheinend zunehmender Hexenglauben mit<br />
Gewaltverbrechen berichtet, und von Voodoo-Priestern, die menschliche Körperteile für ihre Rituale<br />
benutzen. 15 Nach Zeitungsmeldungen sollen in der um sich greifenden Furcht viele der als Hexen<br />
verdächtigten Frauen und Männern ermordet worden sein. Außerdem soll eine große Zahl von Kindern<br />
wegen angeblicher Verhexung ausgestoßen und zu Straßenkindern geworden sein. Da sich außerdem<br />
der Glauben an übersinnliche Mächte äußerst effektiv für politische und wirtschaftliche Ziele<br />
ausnutzen lässt, sei der Hexenglauben als eines der größten Entwicklungshindernisse in weiten Regionen<br />
zu bewerten.<br />
Reinhard Bonnke behauptet, dass er während der Großevangelisationen über 42 Millionen Menschen<br />
mit der rettenden Botschaft des Evangeliums und der Entscheidung für Jesus Christus erreicht<br />
habe; zu den Veranstaltungen sollen Krankenheilungen, Dämonenaustreibungen und auch Totenerweckungen<br />
gehören. – Ob die radikalen unter den evangelikalen Erweckungsbewegungen mit ihrer<br />
Weltuntergangs- und Höllenangst, mit ihrem Glauben an Dämonen und an Verflucher, eine humane<br />
Alternative zum Animismus und dessen Magie bieten?<br />
Auch in Deutschland scheint der Einfluss der Evangelikalen, falls die beeindruckenden Zeitungsmeldungen<br />
zutreffen, deutlich zuzunehmen. In wie weit der behauptete Missionserfolg durch<br />
Institutionen und Spenden aus den USA gefördert wird, ist bisher kaum einzuschätzen.<br />
Esoterik und neue religiöse Gemeinschaften (Sekten)<br />
Esoterik ist die Lehre vom Geheimen und Übersinnlichen im Gegensatz zum offenen Wissen. Esoteriker<br />
sind fest überzeugt, dass außerhalb der Natur eine eigenständige spirituelle Welt existiert und folglich<br />
die spirituelle Entwicklung des Menschen zu fordern und zu fördern sei. In dieser Überzeugung<br />
unterscheiden sich Esoteriker nicht von den Anhängern traditioneller Religionen, doch halten sie die<br />
herkömmlichen Inhalte und Formen für unzureichend oder falsch und bieten einen überlegeneren oder<br />
erfolgreicheren Weg an. Esoterik ist heute ein Sammelbegriff für eine Vielzahl von Glaubensbewegungen<br />
und Heilslehren, die kaum noch etwas mit einem antiken Mysterienkult, einer Geheimlehre<br />
oder Geheimgesellschaft zu tun haben, sondern in Schriften, Vorträgen und Missionierungen breiteste<br />
Publizität genießen. Die Haltung der Spiritualität als Geistigkeit und die esoterische Praxis sind kaum<br />
voneinander abzugrenzen.<br />
Einige der neuen religiösen Gemeinschaften stehen der kirchlichen Tradition näher, u.a. die Täufer-<br />
und Brüderbewegung, die apostolischen Gemeinschaften, Adventisten und Pfingstler, oder stehen