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Menschenbilder - Jochen Fahrenberg

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140 <strong>Menschenbilder</strong>: Psychologische, biologische, interkulturelle und religiöse Ansichten ( J. <strong>Fahrenberg</strong>, 2007)<br />

trag gegeben wurden, können natürlich nur statistische Hinweise, jedoch nichts über die innere Glaubenswelt<br />

oder über die persönlichen Motive des Glaubens oder Unglaubens aussagen. Die Antworten<br />

werden z.T. davon abhängen, wie die Fragen formuliert sind und wie weit mögliche Missverständnisse<br />

vermieden werden können.<br />

Hier werden hauptsächlich die ALLBUS-Erhebungen des Kölner Zentralarchivs für Empirische<br />

Sozialforschung zitiert, denn sie werden seit 1980 alle zwei Jahre durchgeführt, und die Daten sind für<br />

wissenschaftliche Analysen zugänglich. Leider werden die Fragen nicht bei jeder Umfrage wiederholt,<br />

so dass ggf. auch ein zurückliegendes Jahre zitiert werden muss. Auch von Meinungsforschungs-<br />

Instituten wie dem Institut für Demoskopie Allensbach und EMNID existieren aus den letzten Jahren<br />

mehrere Umfragen zum Thema Religion. Methodisch ist eine Anzahl von zwei- bis dreitausend Personen<br />

erforderlich, und viele kleinere Studien sind kaum zuverlässig. Vielseitige Informationen über<br />

Religionsgemeinschaften hat die Forschungsgruppe Weltanschauungen in Deutschland der Giordano<br />

Bruno Stiftung zusammengestellt. 12 Auch das Allensbacher Jahrbuch der Demographie enthält viele<br />

Umfrageergebnisse zu Religion, Kirche und Glaubensinhalte, Leben nach dem Tod, auch über Wunder,<br />

Engel, Esoterik. 13<br />

Leere Kirchen – neue Spiritualität?<br />

Wer nur noch selten zur Kirche geht, könnte dennoch ein überzeugter Christ geblieben sein. Aber<br />

wenn jemand die Religionsgemeinschaft endgültig verlässt, ist die religiöse Beziehung wahrscheinlich<br />

in wesentlichen Teilen erschüttert oder verloren gegangen. Was tritt hier an die Stelle des christlichen<br />

Glaubens:<br />

– andere Formen der Religiosität, u.a. Meditationsbewegungen und die Erfahrung der Mystik – wie<br />

der Theologe und Psychotherapeut Eugen Drewermann meinte?<br />

– spirituelle Überzeugungen in der bunten Vielfalt von Esoterik und Psychokulten bis zu ausgefallenen<br />

Heilslehren, Parapsychologie usw.?<br />

– die Überzeugung von der Sinnlosigkeit des menschlichen Lebens, d.h. der Nihilismus und die<br />

zynische Herabsetzung spiritueller Werte, wie es der Logotherapeut Viktor Frankl behauptete?<br />

– der Hedonismus, die guten Dinge des Lebens, Sport und Freizeitmoden, und insgesamt die<br />

„Spiel- und Spaßgesellschaft“ in vollen Zügen zu genießen?<br />

– andere Wertsysteme, die sich im Engagement für Menschenrechte, internationale Hilfe, Ökologie<br />

u.a. äußern, und dies häufig ohne eine ausdrückliche religiöse Fundierung der gelebten Menschlichkeit?<br />

– ein säkularisiertes Menschenbild, in dem die kritische Reflexion und die psychologische und<br />

soziologische Wissenschaft vom Menschen (Anthropologie) maßgeblich sind, während der Glauben<br />

an Gott und der Glauben an eine unsterbliche Seele verblassen?<br />

Konservative werden einen Verlust der religiösen Identität sehen, ja der kulturellen Identität schlechthin,<br />

und das Eindringen von Aberglauben oder Nihilismus vermuten. So wird aus dieser Sicht gefragt,<br />

ob das moralische Handeln und die Würde des Menschen überhaupt ohne den zentralen Bezug auf<br />

Gott und den festen christlichen Glauben fundiert werden können. Andere Autoren erkennen die positiven<br />

Seiten dieser Entwicklung: Eine diesseitige und nüchterne Weltanschauung, Freiheit von Dogmatismus<br />

und kirchlichem Fundamentalismus, bzw. eine multi-religiöse und multi-kulturelle Vielfalt.<br />

Welche dieser Annahmen lässt sich durch repräsentative Untersuchungen über Religion und Weltanschauung<br />

belegen?<br />

Religionsgemeinschaften, Gottgläubigkeit und Atheismus nach ALLBUS-Umfragen<br />

Statt pauschal nach dem Gottesglauben zu fragen, wurden in dieser Umfrage unterschiedliche Antworten<br />

ermöglicht. Einen festen Gottesglauben gaben ca. 20 % der Bevölkerung an, im Westen 23 %, im<br />

Osten nur 5 %. Eine größere Anzahl der Befragten zweifelt, und fast die Hälfte, im Osten drei Viertel<br />

der Bevölkerung, glauben nicht an einen leibhaftigen bzw. persönlichen Gott. In den jüngeren Altersgruppen<br />

ist der Gottesglauben deutlich geringer als bei den über 45-jährigen. Die Atheisten und Agnostiker<br />

machen zusammen etwa 30 % der Bevölkerung aus. Auf die deutsche Bevölkerung hochgerechnet<br />

gibt es demnach etwa 15 Millionen Bürger, die als Atheisten, und 9 Millionen, die als Agnostiker<br />

anzusehen sind.

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