Der Schiedsspruch des C. Helvidius Priscus - Heinrich Graf ...

Universität Salzburg Der Schiedsspruch des C. Helvidius Priscus
eine übliche Praxis des Schiedsrichtereids geschlossen werden, geschweige denn auf ein
entsprechendes rechtliches Erfordernis. Vielmehr wird ein Schiedsrichtereid gelegentlich
von den Parteien gefordert worden sein, um neben der rechtlichen auch eine höhere
moralische Bindung des Schiedsrichters an seine Pflichten zu erreichen. 349
Entgegen der Ansicht Theodor Mommsens sind also die Anwesenheit der Parteien bei
Verkündung des Schiedsspruchs und die Beeidigung des Schiedsrichters nicht allgemein
Voraussetzung eines gültigen Schiedsspruchs, sondern nur wenn dies in der
Schiedsvereinbarung (compromissum) vorgesehen war.
8.2.3.3 Zeitpunkt der Eidesleistung
Der Zeitpunkt des Schiedsrichtereides wird im Schiedsspruch des C. Helvidius Priscus
nicht näher bestimmt. Einzig die vorzeitige Form iuratus lässt jedenfalls darauf schließen,
dass die Eidesleistung zeitlich vor Verkündung des Schiedsspruchs erfolgte. Nach Joseph
Georg Wolf legt die „Stellung von iuratus nicht beim Subjekt des Satzes, sondern erst
unmittelbar vor dem Prädikat“ aber auch nahe, dass die Eidesleistung dem Schiedsspruch
unmittelbar vorausging. 350 Dem ist aber entgegenzuhalten, dass der formelhafte
Satzaufbau kaum eine andere sinnvolle Stellung des Ausdrucks iuratus zulässt: arbiter ex
compromisso ist als technische Wendung zusammengehörig, darauf folgen unmittelbar
die Parteien der Schiedsvereinbarung bzw. des Schiedsverfahrens. Eine Stellung beim
Subjekt kann also schwerlich erwartet werden. Auch scheint es sinnvoller, dass sich die
Parteien bereits am Beginn des Verfahrens eine pflicht- und ordnungsgemäße
Durchführung durch den Schiedsrichter beeiden ließen. Schließlich ist insbesondere auch
ein ordnungsgemäßes Beweisverfahren maßgeblich für die Fällung der Entscheidung.
Auch könnten die Parteien damit sogleich die Pflicht des Schiedsrichters zur (raschen)
Fällung eines Schiedsspruchs eidlich absichern. Fände die Beeidigung erst unmittelbar
vor Verkündung des Schiedsspruchs statt, wäre diese Verpflichtung ohnehin hinfällig. Das
Interesse der Parteien zur ordnungsgemäßen Durchführung des gesamten Verfahrens
und der möglichst raschen Fällung eines Schiedsspruchs spricht demnach klar für eine
Beeidigung am Beginn des Verfahrens. 351
349 Vgl. Karl-Heinz Ziegler, Das private Schiedsgericht im antiken römischen Recht, München 1971,
104 f; Moriz Wlassak, Arbiter, in: Georg Wissowa u.a. (Hrsg.), Paulys Realencyclopädie der
classischen Altertumswissenschaft, Band II, 1, Stuttgart u.a., 409.
350 Joseph Georg Wolf, Iudex Iuratus, in: José L. Linares (Hrsg.), Liber amicorum Juan Miquel,
estudios romanisticos con motivo de su emeritazgo, Barcelona 2006, 1097.
351 Zum Zeitpunkt der Eidesleistung allgemein siehe Joseph Georg Wolf, Iudex Iuratus, in: José L.
Linares (Hrsg.), Liber amicorum Juan Miquel, estudios romanisticos con motivo de su emeritazgo,
Barcelona 2006, 1087-1111.
Rainer Lukits 103