Der Schiedsspruch des C. Helvidius Priscus - Heinrich Graf ...
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Universität Salzburg <strong>Der</strong> <strong>Schiedsspruch</strong> <strong>des</strong> C. <strong>Helvidius</strong> <strong>Priscus</strong><br />
In nachklassischer Zeit ist der Begriff „definitio“ häufiger für Entscheidungen von<br />
Rechtsstreitigkeiten belegt. In der bereits besprochenen justinianischen Regelung <strong>des</strong><br />
eidlich gesicherten Schiedsverfahrens aus dem Jahr 529 n. Chr. werden etwa<br />
Entscheidungen der Schiedsrichter abweichend vom klassischen Sprachgebrauch als<br />
„definitiones iudicum“ bzw. als „eius definitionem“ bezeichnet. 773<br />
In einem Brief <strong>des</strong> Papstes Gregor <strong>des</strong> Großen aus dem Jahr 597 n. Chr. bezüglich einer<br />
Grenzstreitigkeit zweier Klöster wird der Ausdruck auch für die Entscheidung durch einen<br />
Feldmesser gebraucht („agrimensoris definitione“). 774<br />
Auch in der Sammlung von Schriften der römischen Feldmesser (Corpus Agrimensorum)<br />
wird der Ausdruck „definitio“ gebraucht. Hier scheint sich der Begriff jedenfalls auf die<br />
Abgrenzung von Grundstücken zu beziehen, allerdings ohne Bezug auf eine (quasi-)<br />
richterliche Entscheidung. Einmal handelt es sich um eine übereinstimmende<br />
Grenzfestlegung (concurrens definitio) durch die Grundbesitzer, 775 ein anderes Mal um die<br />
zwischen Nachbarn übliche Art der Grenzmarkierung (definitio vicinorum). 776<br />
<strong>Der</strong> Begriff „definitio“ scheint daher nicht für eine bestimmte Art <strong>des</strong> Verfahrens typisch<br />
gewesen zu sein.<br />
9.3.3.2 Entscheidungsträger<br />
Nach den Zeilen 12-13 <strong>des</strong> <strong>Schiedsspruch</strong>s wurde die Grenzfestlegung <strong>des</strong> Jahres<br />
19 n. Chr. durch einen gewissen Q. Coelius Gallus vorgenommen (factam definitionem<br />
per Q. Coelium Gallum). An dieser Formulierung fällt sprachlich auf, dass die<br />
Grenzfestlegung wörtlich nicht „von“ (ab), sondern nur „mit Hilfe von“ (per) Q. Coelius<br />
Gallus vorgenommen wurde. Denn während das lateinische a/ab im passiven Ausdruck<br />
den Handelnden wiedergibt, bezeichnet die Präposition per instrumental grundsätzlich nur<br />
das Hilfsmittel bzw. den Mittelsmann einer Handlung. 777 In diesem Sinne wird etwa in der<br />
(Hrsg.), Vocabularium iurisprudentiae romanae, Band 2, Berlin u.a. 1933, 134-135.<br />
773 C. 2,55,4, herausgegeben von Paul Krüger, Corpus Iuris Civilis, 2. Band, Codex Iustinianus,<br />
Berlin 1963, 117; vgl. Karl-Heinz Ziegler, Das private Schiedsgericht im antiken römischen Recht,<br />
München 1971, 208.<br />
774 Paul Ewald/Ludwig M. Hartmann, Gregorii I papae registrum epistolarum, Band 1, Weimar<br />
1957, 484-485; Christoph J. Scriba/Peter Schreiber, 5000 Jahre Geometrie, 3. Auflage, Heidelberg<br />
2010, 572.<br />
775 Siehe Brian Campbell, The writings of the Roman land surveyors, London 2000, 60-61;<br />
172-173.<br />
776 Vgl. Brian Campbell, The writings of the Roman land surveyors, London 2000, 78-81: “boundary<br />
marking between neighbours”.<br />
777 Siehe etwa Josef M. Stowasser et al. (Hrsg.), Stowasser, Lateinisch-deutsches<br />
Rainer Lukits 206