Der Schiedsspruch des C. Helvidius Priscus - Heinrich Graf ...
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Universität Salzburg <strong>Der</strong> <strong>Schiedsspruch</strong> <strong>des</strong> C. <strong>Helvidius</strong> <strong>Priscus</strong><br />
8.2.3.1 Gültigkeitsvoraussetzung<br />
Ob der Schiedsrichtereid aber wie von Mommsen behauptet im klassischen Recht die<br />
Voraussetzung eines gültigen <strong>Schiedsspruch</strong>s darstellte, ist mehr als fraglich. Zum einen<br />
ist das Erfordernis eines Schiedsrichtereids in den Digesten mit keinem Wort erwähnt. Es<br />
ist schwer vorzustellen, dass die Ei<strong>des</strong>leistung <strong>des</strong> Schiedsrichters als<br />
Gültigkeitsvoraussetzung <strong>des</strong> <strong>Schiedsspruch</strong>s eine solche Selbstverständlichkeit war,<br />
dass sie nicht zumin<strong>des</strong>t in Form eines Grenzfalles Eingang in eine Digestenstelle<br />
gefunden hätte. 330 Auch im <strong>Schiedsspruch</strong> aus Herculaneum TH 79 findet sich kein<br />
Hinweis auf die Leistung eines Schiedsrichterei<strong>des</strong>. In der Übersetzung in Roman<br />
Arbitration findet sich zwar die Wendung „having taken the oath“, diese hat jedoch<br />
offensichtlich keine Entsprechung im lateinischen Text der Tafel. 331 Lediglich die<br />
Abkürzung i. u. [i. s. e. (?)] könnte theoretisch eine Angabe <strong>des</strong> Schiedsrichterei<strong>des</strong><br />
enthalten. Wie bereits besprochen enthält diese Abkürzung aber viel eher einen Hinweis<br />
auf den folgenden Entscheidungstext. Wie der entsprechende Hinweis quae infra scripta<br />
sunt und im Gegensatz zum iuratus der Inschrift von Campomarino ist diese Abkürzung<br />
dem sententiam dixit nachgestellt und bezieht sich daher kaum auf eine Beeidigung vor<br />
Verkündung <strong>des</strong> <strong>Schiedsspruch</strong>s. Eine Beeidigung <strong>des</strong> Schiedsrichters als Erfordernis<br />
eines gültigen <strong>Schiedsspruch</strong>s ist daher nicht anzunehmen. Angesichts <strong>des</strong><br />
<strong>Schiedsspruch</strong>s <strong>des</strong> C. <strong>Helvidius</strong> <strong>Priscus</strong> ist aber durchaus möglich, dass die Beeidigung<br />
<strong>des</strong> Schiedsrichters in der Praxis dennoch verbreitet war. Schließlich wurde das<br />
Schiedsverfahren ja in der Praxis und laut D. 4,8,1 nach dem Vorbild <strong>des</strong> ordentlichen<br />
Verfahrens durchgeführt. 332<br />
330 Vgl. Bernhard Matthiass, Die Entwicklung <strong>des</strong> römischen Schiedsgerichts, in: Festschrift zum<br />
fünfzigjährigen Doctorjubiläum von Bernhard Windscheid, Rostock 1888, 21.<br />
331 Roebuck <strong>Der</strong>ek/de Loynes de Fumichon, Bruno, Roman Arbitration, Oxford 2004, 109, 246;<br />
Vincenzo Arangio-Ruiz/Giovanni Pugliese Carratelli, Tabulae Herculanenses V, La parola del<br />
passato, 10 (1955), TH 79, 453 ff; siehe oben Kapitel 8.1.<br />
332 Siehe oben Kapitel 8.2.1.<br />
Rainer Lukits 97