Der Schiedsspruch des C. Helvidius Priscus - Heinrich Graf ...
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Universität Salzburg <strong>Der</strong> <strong>Schiedsspruch</strong> <strong>des</strong> C. <strong>Helvidius</strong> <strong>Priscus</strong><br />
[…] quod aequm bonumque […] esse censeat<br />
iudicaturum […]<br />
[…] dass er entscheiden wird, was er für gut und<br />
gerecht zu sein hält […]<br />
Im Unterschied dazu wird in der angeführten Reminiszenz Justinians überliefert, dass die<br />
klassischen Richter (antiqui iudices) den Eid leisteten, unter Beachtung der Wahrheit und<br />
der Gesetze zu entscheiden (cum veritate et legum observatione). 356 Maßgeblicher<br />
Unterschied ist dabei, ob der Schiedsrichter auch ausdrücklich die Beachtung der<br />
geltenden Gesetze beschwor. Hier lässt der private Charakter <strong>des</strong> Schiedsverfahrens und<br />
der breite Ermessensspielraum <strong>des</strong> Schiedsrichters (die „infinita largitio“ nach Cicero) 357<br />
durchaus auch eine Entscheidung vorwiegend nach dem zu, was der Schiedsrichter für<br />
gut und gerecht halten mag (quod aequm bonumque esse censeat). 358 Schließlich<br />
unterlag auch nach den Digesten die inhaltliche Entscheidung <strong>des</strong> Schiedsrichters nicht<br />
der Kontrolle <strong>des</strong> Prätors: 359<br />
Qualem autem sententiam dicat arbiter, ad<br />
praetorem non pertinere […]<br />
Welchen <strong>Schiedsspruch</strong> aber der Schiedsrichter<br />
spricht, geht den Prätor nicht an […]<br />
Dem entspricht auch die von Cicero überlieferte, wohl typische Formel einer<br />
Schiedsvereinbarung, nach welcher der Schiedsrichter zuzusprechen habe, wieviel<br />
gerechter und besser sei („quantum aequius et melius sit“). 360 Es ist daher anzunehmen,<br />
dass sich insbesondere der Schiedsrichtereid in der klassischen Zeit nicht ausdrücklich<br />
auf die Einhaltung der geltenden Gesetze bezog, sondern eben auf dass, was der<br />
Schiedsrichter nach seinem Ermessen für gut und gerecht hielt.<br />
356 C. 3.1.14 pr., herausgegeben von Paul Krüger, Corpus Iuris Civilis, 2. Band, Codex Iustinianus,<br />
Berlin 1963, 122; siehe dieses Kapitel oben.<br />
357 Siehe oben Kapitel 7.3.10.<br />
358 Siehe Carl Weizsäcker, Das Römische Schiedsrichteramt unter Vergleichung mit dem officium<br />
judicis, Tübingen 1879, 88 f.<br />
359 D. 4,8,19 pr.; vgl. Okko Behrends u.a. (Hrsg.), Corpus Iuris Civilis - Text und Übersetzung, Band<br />
II, Heidelberg 1995, 440.<br />
360 M. Tullius Cicero, Pro Q. Roscio comoedo 4,11-12, herausgegeben, übersetzt und erläutert von<br />
Manfred Fuhrmann, Die Prozessreden, Band I, Darmstadt 1997, 110-111; Johannes Platschek,<br />
Zum Text von Cic. Q. Rosc. 4,11-12, Philologus 155 (2011) 2, 370 f.<br />
Rainer Lukits 105