Der Schiedsspruch des C. Helvidius Priscus - Heinrich Graf ...
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Universität Salzburg <strong>Der</strong> <strong>Schiedsspruch</strong> <strong>des</strong> C. <strong>Helvidius</strong> <strong>Priscus</strong><br />
Streitparteien bzw. ihrer maßgeblichen Vertreter bezieht. In der Digestenstelle D. 4,8,44<br />
bezüglich eines gültigen <strong>Schiedsspruch</strong>s in einer Grenzstreitigkeit wird die Anwesenheit<br />
der Parteien bei der Verkündung hingegen mit der Phrase „praesentibus partibus“<br />
angegeben. 324<br />
Die in der Inschrift von Campomarino verwendete Formel „utrisque praesentibus“ im<br />
Ablativ Plural findet sich auch im Rahmen der zitierten gerichtlichen Entscheidung TH 85<br />
der Tafeln aus Herculaneum, dort sogar kombiniert mit der Wendung coram palam. 325<br />
Im Unterschied zu coram bezeichnet palam nach Ulpian jedenfalls die Anwesenheit<br />
mehrerer Personen, nicht aber zwingend eine Aussage in der Öffentlichkeit: 326<br />
„Palam“ est coram pluribus. „Palam“ bedeutet in Anwesenheit von mehreren.<br />
Quid est palam? Non utique in publicum, sed ut<br />
exaudiri possit […]<br />
Was bedeutet „palam“? Nicht zwingend in der<br />
Öffentlichkeit, aber so, dass es deutlich gehört<br />
werden kann […]<br />
Aufgrund der in TH 85 aber dreifach hintereinander betonten Angabe der Verkündung in<br />
Anwesenheit ist wohl davon auszugehen, dass hier die Verkündung nicht nur in<br />
Anwesenheit der Parteien, sondern darüber hinaus auch öffentlich zugänglich stattfand.<br />
Dies wäre im Einklang mit der Vermutung, dass das ordentliche Verfahren tendenziell<br />
weniger Vertraulichkeit als das private Schiedsverfahren bot, wo die Verkündung vielleicht<br />
häufiger auf die Verfahrensbeteiligten beschränkt blieb. 327<br />
Die Ab- bzw. Anwesenheit beider Parteien bei Verkündung von Entscheidungen wird auch<br />
in D. 4,8,27,4 (utroque absente) und den Verhandlungsanberaumungen aus Puteoli<br />
(coram utroque praesente) mit dem Ablativus absolutus und der Form von uterque (ein<br />
jeder, d.h. beide) angegeben, in diesen Fällen allerdings nur in der grammatikalischen<br />
Einzahl. Da ja die grammatikalische Einzahl von uterque bereits beide Parteien bedeutet<br />
(jede für sich gedacht, daher in der Einzahl), weist die Mehrzahl unter Umständen darauf<br />
hin, dass die anwesenden Parteien aus mehreren Beteiligten zusammengesetzt sind. 328<br />
324 Siehe oben Kapitel 7.2.3.1.<br />
325 Vincenzo Arangio-Ruiz/Giovanni Pugliese Carratelli, Tabulae Herculanenses V, La parola del<br />
passato, 10 (1955), TH 85, 466-468, siehe oben Kapitel 8.1.<br />
326 D. 50,16,33, D. 28,1,21 pr.<br />
327 Siehe oben Kapitel 7.3.7.<br />
328 Siehe Josef M. Stowasser et al. (Hrsg.), Stowasser, Lateinisch-deutsches Schulwörterbuch,<br />
Rainer Lukits 95