Der Schiedsspruch des C. Helvidius Priscus - Heinrich Graf ...
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Universität Salzburg <strong>Der</strong> <strong>Schiedsspruch</strong> <strong>des</strong> C. <strong>Helvidius</strong> <strong>Priscus</strong><br />
9 Die Entscheidungsgründe (Z. 8-32)<br />
9.1 Allgemeines<br />
In Zeile 8 beginnt, klar abgesetzt von der vorangehenden Einleitung, die eigentliche<br />
Entscheidung (sententia). 658 Diese ist jedoch nicht vollständig erhalten, da es sich bei den<br />
Zeilen 8-32 nur um den Beginn eines – wenn auch sehr langen – Satzes handelt. Auf dem<br />
Inschriftstein erhalten ist nur ein möglicherweise vollständiger Gliedsatz, der maßgeblich<br />
von den Worten „cum libellus [...] prolatus sit [... ] et in eo scriptum fuerit [...]“ (nachdem<br />
ein Schriftstück vorgelegt wurde und in diesem geschrieben war) abhängt. Beschrieben<br />
werden also hauptsächlich die Vorlage eines Dokuments und <strong>des</strong>sen Inhalt, somit im<br />
Grunde die schiedsrichterliche Beweisaufnahme. Die Funktion <strong>des</strong> Gliedsatzes ergibt sich<br />
maßgeblich aus dem einleitenden Wort „cum“ (nachdem, weil, obwohl, während). Dieses<br />
kann insbesondere als cum narrativum (erzählen<strong>des</strong> cum) eine zeitliche Abfolge von<br />
Handlungen (nachdem), aber auch als cum causale (begründen<strong>des</strong> cum) eine<br />
Begründung (weil) einleiten. Auch könnte es als cum concessivum (einräumen<strong>des</strong> cum)<br />
oder cum adversativum (gegenüberstellen<strong>des</strong> cum) einen Gegensatz (obwohl) oder eine<br />
Gegenüberstellung (während) bezeichnen.<br />
Nach der lateinischen Zeitenfolge weist aber die Verwendung <strong>des</strong> Konjunktivs Perfekt<br />
jedenfalls auf das Zeitverhältnis der Vorzeitigkeit hin, sodass die Handlung <strong>des</strong><br />
verschollenen Hauptsatzes wohl in der Gegenwartsform zu erwarten ist. 659 Dabei wird es<br />
sich wohl um die vom Schiedsrichter getroffene Entscheidung handeln. Handelt es sich<br />
um die bloße Beschreibung einer zeitlichen Abfolge im Sinne eines cum narrativum,<br />
wurde die Entscheidung einfach nach Vorlage <strong>des</strong> Dokuments und möglicher anderer<br />
Verfahrenshandlungen erlassen. Nimmt man aber ein cum causale an (weil), stellen die<br />
Vorlage und der Inhalt <strong>des</strong> Dokuments zumin<strong>des</strong>t einen Teil der maßgeblichen<br />
Begründung der Entscheidung dar. Dafür spricht, dass in einem <strong>Schiedsspruch</strong> wohl vor<br />
allem jene Umstände angeführt werden, die dann auch die schiedsrichterliche<br />
658 Siehe oben Kapitel 8.1.<br />
659 Johann B. Hofmann/Anton Szantyr, Lateinische Syntax und Stilistik, verbesserter Nachdruck<br />
der ersten Auflage 1965, München 1972, 618-626; 548, 549, 550; vgl. die Übersicht von Rudolf<br />
Scheer/Maria Anna Steiner-Klement, Imperium Romanum, Lehrbuch der lateinischen Sprache,<br />
Grammatikabriß, 72, 74.<br />
Rainer Lukits 172