Der Schiedsspruch des C. Helvidius Priscus - Heinrich Graf ...
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Universität Salzburg <strong>Der</strong> <strong>Schiedsspruch</strong> <strong>des</strong> C. <strong>Helvidius</strong> <strong>Priscus</strong><br />
Tiberi Gaique Gracchorum manus apud<br />
Pomponium Secundum, vatem civemque<br />
clarissimum, vidi annos fere post ducentos; iam<br />
vero Ciceronis ac Divi Augusti Vergilique<br />
saepenumero videmus.<br />
Die Schrift <strong>des</strong> Tiberius und Gaius Gracchus sah ich<br />
bei dem Dichter und herausragenden Bürger<br />
Pomponius Secundus fast zweihundert Jahre später.<br />
Aber jene Ciceros, <strong>des</strong> vergöttlichten Augustus und<br />
Vergils sehen wir schon häufig.<br />
In einer Bibliothek in Herculaneum lagen bei der Zerstörung durch den Vesuvausbruch im<br />
Jahr 79 n. Chr. aber sogar Papyri aus dem 3. Jh. v. Chr., die somit mehr als dreihundert<br />
Jahre alt waren. 673 Angesichts <strong>des</strong>sen, dass das im Schiedsverfahren vorgelegte<br />
Dokument aber noch fast vollständig lesbar war, kann man vermuten, dass es zur Zeit<br />
<strong>des</strong> Schiedsverfahrens nicht älter als zweihundert Jahre war. Eine zwischenzeitliche<br />
Abschrift der Vorentscheidung ist nicht wahrscheinlich und wäre wohl im <strong>Schiedsspruch</strong><br />
vermerkt. Aufgrund <strong>des</strong> Alters <strong>des</strong> Dokuments mit der Vorentscheidung <strong>des</strong> Jahres<br />
19 n. Chr. kann man also grob schätzen, dass das Schiedsverfahren zwischen 50 und<br />
220 n. Chr. stattgefunden hat.<br />
9.2.3 Vorlage<br />
<strong>Der</strong> Wortlaut <strong>des</strong> <strong>Schiedsspruch</strong>s macht deutlich, dass das vorgelegte Dokument nur auf<br />
vorhergehen<strong>des</strong> Verlangen von Tillius Sassius von der Gemeinde Histonium vorgelegt<br />
wurde. Es ist daher zuerst zu untersuchen, ob es sich hierbei möglicherweise um eine<br />
Pflicht einer Prozesspartei zur Vorlage eines Beweisdokuments handelt. Bejahendenfalls<br />
ist zu prüfen, auf welcher Grundlage diese Pflicht beruht haben könnte und auf welche<br />
Weise diese geltend gemacht wurde. Vor allem soll dabei untersucht werden, wie die<br />
berichtete Urkundenvorlage im <strong>Schiedsspruch</strong> <strong>des</strong> C. <strong>Helvidius</strong> <strong>Priscus</strong> mit den übrigen<br />
Quellen in Einklang zu bringen ist und ob sich daraus ein neues Verständnis der<br />
vorhandenen Quellen gewinnen lässt.<br />
Nach der aktuellen Forschungsmeinung nimmt „in der Frage, wer die Beweismittel<br />
beschaffen muß, […] das römische Recht jenen rigiden Standpunkt ein, der noch heute<br />
die Diskussion prägt und nicht unerheblich belastet.“ 674 Die Vorlage von Beweisurkunden<br />
übersetzt von Gerhard Winkler/Roderich König, Naturkunde, Bücher XII/XIII, Darmstadt 1977,<br />
146-149; vgl. leicht missverständlich Franz Wieacker, Textstufen klassischer Juristen, Göttingen<br />
1975, Neudruck der Ausgabe 1959, 116.<br />
673 Martin Steinmann, Römisches Schriftwesen, in: Fritz <strong>Graf</strong> (Hrsg.), Einleitung in die lateinische<br />
Philologie, Stuttgart/Leipzig 1997, 85.<br />
674 Alfons Bürge, Zum Edikt De edendo, in: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte.<br />
Rainer Lukits 178