Der Schiedsspruch des C. Helvidius Priscus - Heinrich Graf ...
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Universität Salzburg <strong>Der</strong> <strong>Schiedsspruch</strong> <strong>des</strong> C. <strong>Helvidius</strong> <strong>Priscus</strong><br />
Grenzverlaufes darstellte, die erst danach am 23. April <strong>des</strong> Jahres 19 n. Chr. in<br />
Anwesenheit der Parteien durch Einschlagen der Pflöcke ausgeführt wurde. 766 Ein<br />
zeitlicher Abstand zwischen der definitio und der folgenden Verhandlung ist der Inschrift<br />
jedoch nicht zu entnehmen. Vielmehr wurde das Datum zwischen den beiden angeführten<br />
Vorgängen (factam definitionem und actum esse) ohne ersichtliche Kennzeichnung seiner<br />
Zugehörigkeit angegeben. Wären die beiden Vorgänge tatsächlich zu unterschiedlichen<br />
Zeitpunkten erfolgt, ist aber anzunehmen, dass entweder für jeden Vorgang ein eigenes<br />
Datum angegeben worden wäre oder dass zumin<strong>des</strong>t die Zugehörigkeit <strong>des</strong> Datums bzw.<br />
die zeitliche Abfolge sprachlich kenntlich gemacht worden wäre. Schon aus der fehlenden<br />
sprachlichen Festlegung ist daher anzunehmen, dass zwischen der Abgrenzung und der<br />
Verhandlung keine zeitliche Abfolge bestand.<br />
Auch verfahrensrechtlich ist nicht verständlich, warum erst die Ausführung der<br />
Grenzziehung in Anwesenheit der Parteien erfolgen sollte, würde doch eine vorgefertigte<br />
Beschreibung der Grenzziehung eine unzulässige Vorwegnahme der Entscheidung<br />
bedeuten und das rechtliche Gehör der Parteien beeinträchtigen. Viel eher beschreiben<br />
die beiden angegebenen Umstände also verschiedene Facetten <strong>des</strong>selben Geschehens,<br />
nämlich einerseits die vorgenommene Abgrenzung der Grundstücke, andererseits die zu<br />
diesem Zweck durchgeführte Verhandlung.<br />
9.3.3 Art der Entscheidung<br />
In welcher Art von Verfahren die Entscheidung <strong>des</strong> Jahres 19 n. Chr. getroffen wurde, ist<br />
fraglich. Denkbar wäre natürlich, dass es sich ebenfalls um ein Schiedsverfahren<br />
gehandelt hat. Naheliegend wäre auch die Durchführung eines ordentlichen Verfahrens,<br />
insbesondere in Form der bekannten Grenzregulierungsklage (actio finium<br />
regundorum). 767 Daneben kommt etwa auch ein besonderes Verfahren vor einem<br />
Feldmesser in Betracht, <strong>des</strong>sen Existenz im römischen Recht aber fraglich ist. 768 Zu<br />
beachten ist dabei natürlich, dass auch in einem ordentlichen Gerichtsverfahren oder in<br />
einem Schiedsverfahren ein Feldmesser als Sachverständiger hinzugezogen werden<br />
766 Pascal Arnaud, Des documents méconnus du bornage: determinatio, depalatio, definitio, in:<br />
Antonio Gonzales/Jean-Yves Guillaumin (Hrsg.), Autour <strong>des</strong> Libri coloniarum, Colonisation et<br />
colonies dans le monde romain, Besançon 2006, 69.<br />
767 Dazu siehe bereits Kapitel 7.3.2; 7.3.5; 8.6.10.<br />
768 Vgl. Ettore De Ruggiero, Dizionario Epigrafico di Antichità Romane, Band 1, Neudruck der<br />
Auflage 1895, Rom 1961, 615: „un Q. Coelius Gallus fece da arbitro o da agrimensore“; allgemein<br />
Adolf F. A. Rudorff, Gromatische Institutionen, in: Karl Lachmann (Hrsg.) Gromatici veteres, Band<br />
2, Erläuterungen und Indices, Berlin 1852, 229 („Ganggericht“).<br />
Rainer Lukits 204