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Der Schiedsspruch des C. Helvidius Priscus - Heinrich Graf ...

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Universität Salzburg <strong>Der</strong> <strong>Schiedsspruch</strong> <strong>des</strong> C. <strong>Helvidius</strong> <strong>Priscus</strong><br />

Gatten (manus) übertreten. 882 Erst wenn eine Frau aus der Gewalt ihres Gatten oder<br />

paterfamilias durch emancipatio entlassen wurde oder wenn ihr Gewalthaber verstarb,<br />

wurde die Frau gewaltfrei (sui iuris) und selbst vermögensfähig. 883<br />

Auch dann bedurfte eine erwachsene Frau bis zum Ende der Klassik in der Regel jedoch<br />

noch immer eines Vormunds (tutor mulierum). Im Prinzipat lebte die<br />

Geschlechtsvormundschaft jedoch nur mehr in schwachen Überresten fort. Verwalten<br />

konnte die Frau ihr Vermögen selbst und war nur auf die Genehmigung bestimmter<br />

Geschäfte angewiesen. 884 <strong>Der</strong> Vormund konnte unter Umständen auch zur Genehmigung<br />

<strong>des</strong> Geschäftes gezwungen werden. 885 Nach der Gesetzgebung <strong>des</strong> Kaisers Augustus<br />

wurden freigeborene Frauen mit drei Kindern und freigelassene Frauen mit vier Kindern<br />

überhaupt vom Erfordernis eines Vormun<strong>des</strong> befreit (ius liberorum). Durch kaiserlichen<br />

Dispens konnte eine Frau auch ohne Kinder von der Vormundschaft befreit werden. 886<br />

Gewaltfreie Frauen konnten in eigenen Angelegenheiten selbst Prozesse führen, nur für<br />

gewisse Prozesse (iudicia legitima) benötigten sie die bloße Genehmigung eines<br />

vorhandenen Vormunds. 887<br />

Im gegenständlichen <strong>Schiedsspruch</strong> wird Titia Flaccilla als frühere Eigentümerin <strong>des</strong><br />

Vellanischen Gutes beschrieben, indem sie als Vorbesitzerin (proauctor) und ehemaliger<br />

Eigentümer (tum dominus) bezeichnet wird. Da ihr somit selbst ein Vermögen<br />

zugerechnet wurde, muss es sich jedenfalls um eine gewaltfreie Frau gehandelt haben.<br />

Daneben wird auch angeführt, dass die Grenzstreitigkeit im Jahre 19 n. Chr. in ihrer<br />

Anwesenheit als Grundbesitzerin verhandelt wurde (dominis tum fundorum praesentibus,<br />

Z. 19). Da darüber hinaus kein Vertreter angegeben wird und somit ihre Anwesenheit<br />

maßgeblich war, kann man davon ausgehen, dass Titia Flaccilla über ihr Grundstück<br />

selbst ohne förmlichen Prozessvertreter prozessierte. Ob in diesem Fall eine<br />

882 Jane F. Gardner, Women in Roman Law and Society, 2. Auflage London 1990, 15.<br />

883 Siehe etwa Jane F. Gardner, Women in Roman Law and Society, 2. Auflage London 1990,<br />

8-11.<br />

884 Jane F. Gardner, Women in Roman Law and Society, 2. Auflage London 1990, 21; Max Kaser,<br />

Das römische Privatrecht I, 2. Auflage, München 1971, 367-368.<br />

885 Jane F. Gardner, Women in Roman Law and Society, 2. Auflage London 1990, 19; Max Kaser,<br />

Das römische Privatrecht I, 2. Auflage, München 1971, 277.<br />

886 Jane F. Gardner, Women in Roman Law and Society, 2. Auflage London 1990, 5, 20; Max<br />

Kaser, Das römische Privatrecht I, 2. Auflage, München 1971, 320, 369.<br />

887 Judith Evans Grubbs, Women and the Law in the Roman Empire, London/New York 2002, 60,<br />

65; Max Kaser/Karl Hackl, Das römische Zivilprozessrecht, 2. Auflage, München, 1996, 206, 217.<br />

Rainer Lukits 233

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