Arthur Pfeifer Briefe aus Waldheim 1960–1976 - Freundeskreis ...
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1964 Die Döbelner Steinsammlung<br />
21. April<br />
Mitbringen werde ich Dir ein paar nette Zeilen von Dr. Vul-<br />
pius – Weimar, dem ich ein paar Sätze geschrieben, nachdem<br />
ich sein Buch 12 über Walther v. Goethe zweimal in drei Tagen<br />
durchgelesen hatte. Darüber hat er sich offenbar recht gefreut,<br />
da er mit einer solchen Wirkung seines Buches gar nicht ge-<br />
rechnet habe. „Viel eher hatte ich damit gerechnet, daß mir die<br />
Geschichte dieses traurigen Helden alle Sympathien verküm-<br />
mern würde, die mir das ‚Christiane‘-Büchlein 13 eingebracht<br />
hatte.“ Eine recht sinnige Karte mit einem Spruche Goethes hat<br />
er beigelegt. Ich bring das zusamt dem Buche mit, damit Du<br />
Dich daran ergetzen kannst. Denn Dich mit irgend etwas zu er-<br />
freuen – dazu sind wir schließlich noch da.<br />
23. April<br />
Jetzt am Abend will ich erst ämal ruchen nach der Arbeit<br />
mit einigen Fenstern. Ich hoffe am Montag damit zu Ende zu<br />
kommen. Es war Zeit, das vorzunehmen; das merkte man beim<br />
Abreiben mit Sandpapier, es rieselte abgesprungene alte Farb-<br />
plättchen. Nun ist das Außen-Streichen zwar Sache des H<strong>aus</strong>-<br />
wirtes [Döhlert], aber ehe ich mir da von dem einen Maler schi-<br />
cken lasse, mach ich das lieber selber. Die Hauptarbeit: das<br />
Abräumen der Blumenstöcke bleibt mir da auch, und ich bin<br />
kein Freund von Besuchern in meiner Kl<strong>aus</strong>e. Das Geschnake,<br />
was ich mal nach meinem Tode mit „den vielen Biechern“ ma-<br />
che, das hab ich satt. Ich könnte sagen: andre fahren dafür bei<br />
Lebzeiten leere Flaschen im Handwagen zur Sammelstelle; das<br />
hab ich nicht nötig. Aber ich komme als Gespenst und schee-<br />
che [spuke]. Du siehst, ich bin ein ganz ungeselliger Wilder. –<br />
12 Wolfgang Vulpius, Walther Wolfgang von Goethe und der Nachlaß seines Großva-<br />
ters. Aus archivalischen Quellen, Weimar 1962.<br />
13 Christiane. Lebenskunst und Menschlichkeit in Goethes Ehe, Weimar 1949.<br />
Mich erfreuen zwei große leuchtend rote Amaryllisblüten. Fünf<br />
Monate lang hab ich diesmal diese kostbaren Verwandten der<br />
Schneeglöckchen bei mir blühen gehabt.<br />
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27. Mai<br />
Eben bringt die Post ein höflichen Schrieb von dem Neu-<br />
lehrer Werner <strong>Pfeifer</strong> <strong>aus</strong> Großbauchlitz, in dem er bittet, ihm<br />
beim Aufstellen einer der Schule verabreichten, in Verwirrung<br />
geratenen Steinsammlung behilflich zu sein. Es scheint also in<br />
Döbeln niemand zu geben für so eine Angelegenheit, die ihre<br />
Schwierigkeiten hat. Ich möchte ihn nun damit nicht sitzen las-<br />
sen und werde dieser Tage mal hinüber fahren, mir die Sache<br />
anzusehen, um festzustellen, was etwa zu machen sein wird.<br />
28. Mai<br />
Früh 8 h fuhr ich mit dem Bus nach Döbeln, lief 20 Minu-<br />
ten nach der Oberschule Großbauchlitz, wo man sich entschul-<br />
digte, mich mit meinen 70 Jahren bemühen zu müssen. Worauf<br />
ich stolz noch 10 Jahre zugeben konnte. Die Steine – Reste ei-<br />
ner vor Jahrzehnten bedeutenden Sammlung – sind durch viel-<br />
faches Umräumen (und Bestehlen) ganz durcheinander. Man-<br />
ches schöne Stück ist dabei. Untergebracht sind sie in etwa<br />
20 Schubfächern eines Stahlschrankes mit einem Glasauf-<br />
bau, in den ich zwei terrassenförmige Holzgestelle, schwarz<br />
gebeizt, setzen lasse. Der Glasbau ist 53 cm tief, 93 cm hoch<br />
und 240 cm breit. Dahinein kommen also die zwei Holztreppen,<br />
auf denen die schönsten Stücke, gut beschriftet, sichtbar ge-<br />
macht werden, nachdem sie sauber gewaschen sind. Doppel-<br />
stücke und das weniger auffallende – aber trotzdem instruktive<br />
Material – werden in die Schubladen gebracht, alles beschrif-<br />
tet, mit kleinen, unten aufgeklebten Nummern versehen, in ei-<br />
nem Texthefte erläutert. Gewaschen müssen die Stücke auch<br />
werden. Ob alle bestimmbar sind, ist noch nicht zu beurtei-