Arthur Pfeifer Briefe aus Waldheim 1960–1976 - Freundeskreis ...
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1972 Die Dresdner Gehe-Stiftung<br />
20. Dezember<br />
Krüger hatte gesagt – etwa 1920 oder 21 auf einer Ver-<br />
sammlung sächsischer Volkshochschulleiter, die etwa 6–8 Tage<br />
dauerte und in Leipzig stattfand: „Das Drängen der Volksschul-<br />
lehrer, eine Universitäts<strong>aus</strong>bildung zu erhalten sei nur <strong>aus</strong> dem<br />
Wunsche nach höherer Bezahlung zu erklären.“ Und dagegen<br />
lief ich Sturm und sagte ihm, daß wir, die wir im Amte ste-<br />
hen, für den Berufsnachwuchs eine akademische Ausbildung<br />
erstrebten, sei <strong>aus</strong> unserer Einsicht zu erklären, daß das nö-<br />
tig sei. Der Bauer auf dem Dorfe hole einen akademisch <strong>aus</strong>-<br />
gebildeten Tierarzt, wenn seine Kuh krank sei, gehe zu einem<br />
auf der Universität <strong>aus</strong>gebildeten Pfarrer, nur für seine Kinder<br />
begnüge er sich mit einem nicht gehörig vorgebildeten Lehrer.<br />
Wir, die wir im Amte stehen, haben von der Bezahlung künf-<br />
tig <strong>aus</strong>gebildeter Lehrer gar keinen Pfennig zu erwarten. Aber<br />
wir zahlen heute bereits in eine Stipendienkasse für künftige<br />
Lehrerstudenten jeden Monat einen Sonderbeitrag, um einen<br />
Fond für diesen Zweck zu schaffen, in der Einsicht, daß auch<br />
ferner intelligente Arme eine Hilfe für das Studium brauchen.<br />
Sollte das Streben nach höherer Ausbildung nur auf materielle<br />
Antriebe zurückgehen, dann ist es sehr zu bedauern, daß je-<br />
mand des höheren Gehaltes wegen danach strebt, Universitäts-<br />
professor mit guter Bezahlung zu werden. Dieses Geständnis<br />
eines heutigen Professors ist uns peinlich, da unsere Vorstel-<br />
lung von idealistischen Antrieben des Professors zerstört wird.“<br />
Da saß Herr Prof. Krüger etwas bedeppert da – und Litt unter-<br />
strich meine Sätze. Soo war das. Der Beifall der Versammlung<br />
war mir sicher.<br />
28. Dezember<br />
Ich überdachte jetzt einmal meine Erinnerung an Lehrer, de-<br />
nen ich seit 83 Jahren vieles verdanke: ich kam auf 36 Namen,<br />
lauter tüchtige Leute, nicht nur angestellte „Lehrer“, auch Men-<br />
schen, die mir leise geholfen haben, wie z.B. der alte Biblio-<br />
thekar Dr. Schuchardt in Dresden in der „Bibliothek der Gehe-<br />
Stiftung 29 “, die in Dresden an der Sophienkirche stand. Das<br />
war die Stiftung eines Chemie- und Arzneimittelwerkes, noch<br />
im vorigen Jahrhundert gegründet. Was hab ich dort nicht al-<br />
les gelernt!<br />
29 Die Dresdner Gehe-Stiftung geht auf den Drogisten und Großkaufmann Ludwig<br />
Gehe (1810–1882) zurück. Die 1885 eröffnete Bildungsstätte, die volkswirtschaft-<br />
liche und staatswissenschaftliche Kenntnisse vermitteln und vertiefen wollte,<br />
stand mit ihren Vorträgen auf diesen Gebieten und mit ihrer großen Bibliothek<br />
jedermann offen, vgl. Sächsische Lebensbilder, Bd. 2, Leipzig 1939, S. 179–192.<br />
– Die Schriften von Paul Ottomar Schuchardt (*1856) behandeln Themen, die von<br />
einer Staatsverfassung für das mittlere Europa bis zum Schutz landschaftlicher<br />
Schönheit reichen.<br />
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