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Arthur Pfeifer Briefe aus Waldheim 1960–1976 - Freundeskreis ...

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1969<br />

Mir ist, als ob ich längst gestorben bin,<br />

Und ziehe selig mit durch ew’ge Räume.“<br />

Dies Gedicht komponierte Joh[annes] Brahms.<br />

*<br />

Von den Grillen ist heutzutage nichts mehr zu hören. Auffäl-<br />

lig auch, wie die Zahl der Vögel auf dem Friedhofe von Jahr zu<br />

Jahr geringer wird. Wir nähern uns dem an Tönen dieser Art ver-<br />

armten Naturzustand – oder vielmehr Kulturzustand – wie ihn<br />

die Amerikanerin Rachel Carson in ihrem Buche „Der stumme<br />

Frühling“ geschildert hat, eine wissenschaftliche Untersuchung<br />

über die Naturzerstörung mit Hilfe der Chemie.<br />

An der romantischen Träumerei von Allmers kann man sich<br />

den Doppelbegriff von „Romantik“ klar machen: einmal ist dies<br />

die Bezeichnung einer (Literatur) Periode der deutschen – auch<br />

der französischen und der englischen Kunst – und andererseits<br />

handelt es sich um einen Gemütszustand, der durch keiner-<br />

lei Jahreszahlen zu begrenzen ist, der immer dauert, wo emp-<br />

fängliche Menschen leben, bei den Flöte spielenden Hirten in<br />

den Zeiten Homers wie noch heute. Ein gut Teil dessen, was in<br />

den Gedichten von Hermann Hesse klingt, im Ton des Volkslie-<br />

des, den er zu treffen wußte, ist „Romantik“. Nur so amusische<br />

Menschen – wie etwa dieser Girnus – wären imstande, solche<br />

Kunst kalt zu belächeln. In diesen Versen – sehr vielen bei H.<br />

Hesse – tönt diese Romantik als eine Grundmelodie menschli-<br />

chen Empfindens, ebenso wie in chinesischen und japanischen<br />

Naturgedichten. Daß ich mich damit irre, müßte mir erst bewie-<br />

sen werden.<br />

25. Juli<br />

Ich möchte nur wünschen, einige konkrete Eindrücke in das<br />

Bewußtsein gepflanzt zu haben; das war der Sinn der Stereos-<br />

kopbetrachtungen und der Beschäftigung mit ein paar Kristal-<br />

len. Denn nur auf ganz bestimmten Einzeltatsachen lassen sich<br />

allgemeinere Auffassungen begründen. Sinn jeden Unterrichtes<br />

sollte sein, eine leise Ahnung des Unendlichen und einen Be-<br />

griff vom Dasein des Schönen in der Welt zu vermitteln. Dabei<br />

von der Blüte eines Unkrautes oder der Gesetzmäßigkeit der<br />

Form eines Sandkornes <strong>aus</strong>zugehen, bleibt einprägsamer als<br />

Gedankenkonstruktionen mehrdeutiger Ideologien zu verfol-<br />

gen. Ich hab noch eine Reihe von Möglichkeiten, solche Wege<br />

zu gehen, und ihr werdet vielleicht Euren Besuch mal wieder-<br />

holen müssen. Mein Museum ist nicht erschöpft.<br />

Die Mondfahrer 17 sind glücklich zurück gekommen – mit ei-<br />

ner Verspätung von sechsundzwanzig Sekunden – diese Tatsa-<br />

che und die scheinbar so einfache Handlung, auf der Mondo-<br />

berfläche ein paar Steine und einige Kilo Staub einzuschaufeln,<br />

diese ganz konkrete Handlung eröffnet ungeahnte Folgerungen.<br />

Der Weg in das Unendliche in jeder Beziehung beginnt beim<br />

Sandkorn. Diese unerhört kluge Methode der Amerikaner muß<br />

selbst den Widerspenstigen zum Schweigen, zum Nachdenken,<br />

zur Aufmerksamkeit, zur Anerkennung zwingen. Die drei Mond-<br />

fahrer – und die Viertelmillion ihrer Mitarbeiter – stellten da-<br />

mit die Weichen für die Weiterfahrt der Weltschicksale auf ein<br />

neues Gleis. Gezeigt wurde, daß es möglich ist, die ungeheure<br />

Summe von Energien vieler Menschen – und das Geld ist die<br />

konservierte Energie dabei – auf ein ganz konkretes Ziel wirken<br />

zu lassen. Der Gedanke liegt sehr nahe, diesen Modellfall auf<br />

ein anderes Ziel anzuwenden, wie etwa die Zusammenordnung<br />

aller menschlichen Kräfte auf das Ziel eines friedlichen Zusam-<br />

menlebens. Das gibt dieser Entdeckungsreise ihre universale<br />

Bedeutung, die nicht vergessen werden kann.<br />

Die Mondfahrer<br />

17 Edwin Aldrin, Neil Armstrong und Michael Collins (Besatzung von Apollo 11).<br />

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