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netzgebundener Versorgung

Chancen und Risiken zukünftiger netzgebundener ... - JuSER

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Teil I Nachhaltigkeit – Konzepte und Instrumente: 1. Nachhaltigkeitskonzepte<br />

sich auf wissenschaftliche Erkenntnisse im Bereich der menschlichen Gesundheit und der<br />

Belastungsfähigkeiten der heimischen Ökosysteme (UBA, 2001).<br />

Dem gegenüber gehen Nachhaltigkeitskonzepte mit explizit-normativer Überzeugung, wie sie<br />

in den Sozialwissenschaften zu finden sind, im Fall intra- oder intergenerationeller Gerechtigkeit<br />

davon aus, dass sich beispielsweise die Frage, auf welche Hinterlassenschaften<br />

kommende Generationen einen Anspruch haben, nicht durch objektiv angebbare Belastungsgrenzen<br />

natürlicher und gesellschaftlicher Systeme beantworten lässt. Es ist vielmehr<br />

eine normative Bestimmung ökonomischer, sozialer und kultureller Werte zugrunde zu legen.<br />

Nachhaltigkeit wird versucht positiv zu bestimmen, indem Mindestbedingungen eines menschenwürdigen<br />

Lebens heraus gearbeitet werden, auf deren Gewährleistung heutige wie<br />

künftige Generationen moralischen Anspruch haben (Brandl et al., 2001). Dies kann zum<br />

einen durch Ableitung von konkreten Zielen, Regeln und Kriterien aus konstitutiven Elementen<br />

von Nachhaltigkeit (wie inter- und intragenerative Gerechtigkeit, Drei-Säulen-Konzept<br />

etc.) auf wissenschaftlicher Basis erfolgen (z. B. Nitsch & Rösch, 2001) oder zum anderen<br />

mittels diskursiver Prozesse (z. B. Wachlin & Renn, 1999; Renn, 2002).<br />

Wissenschaftlich abgeleitete Regeln sollen dabei verschiedene Funktionen erfüllen. Einerseits<br />

sollen sie als Leitorientierung für weitere Konkretisierungen dienen. Andererseits üben<br />

sie auch die Funktion von Prüfkriterien aus, mit denen nachhaltige und weniger nachhaltige<br />

Zustände und Entwicklungen ermittelt werden können, wobei die Befolgung der Regeln als<br />

Mindeststandards anzusehen sind. Über die Gewährleistung dieser Minimumstandards für<br />

alle Mitglieder der globalen Gesellschaft einschließlich der kommenden Generationen hinaus<br />

kann es vielfältige andere legitime und erstrebenswerte individuelle oder gesellschaftliche<br />

Ziele geben, deren Erfüllung jedoch nicht bestimmend für das Leitbild einer nachhaltigen<br />

Entwicklung anzusehen ist.<br />

Allerdings führt die Aufstellung von Regeln dazu, dass bei der Forderung der gleichzeitigen<br />

Erfüllbarkeit aller Regeln Zielkonflikte auftreten. Diese sind nur zu lösen, indem die Regeln<br />

graduell erfüllt werden, d. h. dass die Begründung von Entscheidungen in Konfliktlagen abgewogen<br />

werden muss mit Begründungen, die einer anderen Regel zuzuordnen sind. Dieser<br />

Abwägungsprozess kann letztendlich im wesentlichen nur aufgrund normativer Werthaltungen<br />

erfolgen, die wiederum Ergebnis gesellschaftlicher Diskurse sind, so dass theoretische<br />

Ableitungen von Zielen einer nachhaltigen Entwicklung auf der konkretesten Ebene ohne<br />

diskursive Verfahren nicht auskommen (Brandl et al., 2001).<br />

Manche Autoren sehen zudem im Rahmen explizit-normativer Ableitungen mit dem erweiterten<br />

Konzept von Nachhaltigkeit, das die beiden Komponenten „Nachhaltigkeit" (als Form des<br />

Bewahrens) und „Entwicklung" (als Form des Wandels und der Dynamik) umfasst und den<br />

Fokus auf alle drei Säulen Ökologie, Ökonomie und Soziales ausdehnt, die Grenze deduktiver<br />

Konzepte einer stringenten Ableitung aus theoretischen Vorgaben erreicht (Renn, 2002).<br />

So wird in der Nachhaltigkeitskonzeption die Notwendigkeit der Zielbestimmung mit Hilfe von<br />

diskursiven Verfahren gesehen. Begründet wird dieses Vorgehen damit, dass diskursive<br />

Verfahren, die kollektiv verbindliches Handeln im Dialog festlegen, für die Umsetzung von<br />

Nachhaltigkeit deshalb so wichtig sind, da es keine verbindlichen Bewertungsmaßstäbe gibt,<br />

nach denen eine Gesellschaft ohne Irrtum bestimmen könnte, was an Natur, Wirtschaft und<br />

Sozialwesen erhaltenswert, schutzwürdig oder entwicklungsfähig wäre. Als weiteres Argument<br />

für die Anwendung von Diskursen zur Normableitung wird angeführt, dass eine nachhaltige<br />

Politik von den jeweiligen Randbedingungen (z. B. Verbrauch von Ressourcen ist in<br />

Industrieländern 10 mal höher als in Entwicklungsländern) abhängig ist und sich daher keine<br />

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