netzgebundener Versorgung
Chancen und Risiken zukünftiger netzgebundener ... - JuSER
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1.2 Paradigmen und die verschiedenen Konzepte von Nachhaltigkeit<br />
allgemeinen Verhaltensregeln ableiten lassen. Begründung und Bestimmung der Eingriffstiefe<br />
in die Natur sind somit als kulturelle Aufgabe anzusehen. Entscheidungen über Naturerhalt<br />
und Naturnutzung erfordern Prozesse kollektiver Bewertung und Abwägung. Die Gesellschaft<br />
muss sich über Präferenzen und Gewichtungen von Werten verständigen, was noch vielmehr<br />
gilt, wenn über die ökologische Komponente von Nachhaltigkeit hinaus die ökonomische<br />
und soziale in die Betrachtung mit einbezogen werden soll. Außerdem sind die meisten<br />
Individuen nur zu Einschränkungen bereit, wenn sie an der Formulierung und Begründung<br />
von nachhaltigen Zielvorstellungen selbst mitgearbeitet haben. Ferner sind Menschen nur<br />
dann geneigt, ihre Verhaltensweisen zu ändern, wenn sie den Sinn und Zweck im Rahmen<br />
des sozialen Umfeldes erleben und nachempfinden können (Macnaghten & Jacobs, 1997;<br />
Renn, 2002).<br />
Diskursive Formen der Umsetzung einer nachhaltigen Entwicklung sind die „Entscheidungsfindung<br />
nach formalen Entscheidungsregeln", „Entscheidungsfindung durch Verlass auf im<br />
politischen Meinungsprozess gewachsene Minimalkonsense" sowie die „Entscheidungsfindung<br />
durch Diskurs zwischen beteiligten Gruppen" oder eine Mischform aus diesen.<br />
Bei der ersten Variante wird die Legitimation der Entscheidung alleinig als eine Frage des<br />
Verfahrens angesehen (Luhmann, 1983). Es muss daher lediglich ein gesellschaftlicher<br />
Konsens über die Struktur des Verfahrens hergestellt werden. An den Entscheidungen selbst<br />
sind nur diejenigen beteiligt, die im Rahmen des beschlossenen Verfahrens gesellschaftlich<br />
dazu ausdrücklich legitimiert sind. Im zweiten Verfahren besteht der Meinungsprozess in der<br />
Bildung von Minimalkonsensen (Lindbloom, 1965). So werden als legitim nur solche Entscheidungsalternativen<br />
angesehen, die den geringsten Widerstand in der Gesellschaft erwarten<br />
lassen. Die Dritte Variante setzt auf einen Diskurs zwischen beteiligten Gruppen (Habermas,<br />
1989; Habermas, 1991) Die Legitimation von kollektiv verbindlichen Entscheidungen<br />
beruht dabei auf den zwei Bedingungen der Zustimmung aller Beteiligten und der eingehenden<br />
Begründung der im Diskurs gemachten Aussagen (Habermas, 1991). Um den Schwächen<br />
hinsichtlich der Legitimation der jeweiligen Formen diskursiver Verfahren zu begegnen,<br />
erscheint eine Mischung aus all dieser Grundtypen am aussichtsreichsten. Dies ermöglicht,<br />
dass Kriterien bezüglich des Verfahrens der Entscheidungsfindung, wie Existenz eines weitgehenden<br />
Grundkonsenses in der Bevölkerung, Transparenz und Nachvollziehbarkeit, Fairness,<br />
Kompetenz und Effizienz gegenüber Nichtbeteiligten erfüllt werden. Darüber hinaus ist<br />
das Produkt des Entscheidungsprozesses als in seinen Konsequenzen überschaubar, nachvollziehbar<br />
und begründbar anzusehen und es können sich die pluralen Wertvorstellungen<br />
der Betroffenen im Sinne eines fairen Konsenses oder Kompromisses wiederspiegeln (Renn,<br />
2002).<br />
Hinsichtlich der gesellschaftlichen Umsetzbarkeit des Nachhaltigkeits-Leitbildes wird in der<br />
jüngeren sozialwissenschaftlich orientierten Nachhaltigkeitsdiskussion darauf hingewiesen,<br />
dass Aussagen nur möglich sind, wenn ökonomische, ökologische und soziale Zielkonflikte<br />
analysiert und gesellschaftliche Strategien zur Entschärfung derartiger Zielkonflikte aufgezeigt<br />
werden können (Brand, 1997; Huber, 1995 und 2001; Jörissen et al., 2001; Knaus &<br />
Renn, 1998; Kraemer, 1997 und 1998; Münch, 1996; Renn, 1996) (in Kraemer & Metzner,<br />
2002).<br />
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